Zeilen Sprung – Das Redaktionsbüro

05042 - 504 008

info@zeilen-sprung.de

„Schaafstall“ – Pianistin geht an ihre Grenzen

„Schaafstall“ – Pianistin geht an ihre Grenzen

Dienstag, 31. Januar 2017

In der Lüneburger Sommerakademie des Pianisten Hinrich Alpers hatte „Schaafstall“ – Chef Ernst Jürgen Kirchertz das junge Talent entdeckt. Und die 24-Jährige sofort für den pianistischen Nachmittag beim traditionellen Jahresauftaktkonzert unter dem Motto „Junges Jahr mit jungen Künstlern“ verpflichtet. Die junge, aus Changsha in China stammende Nachwuchspianistin, die bereits im Alter von fünf Jahren ihre erste musikalische Ausbildung erhielt, stellte im ausverkauften „Schaafstall“ neben Joseph Haydns „Sonata Nr. 40 Es-Dur“ auch die bekannten und beliebten, wenngleich selten am Stück gespielten Chopin „Etüden op. 10“ vor.

Im zweiten Teil dann die von vielen Zuhörern mit Spannung erwartete Rachmaninoff „Sonata Nr. 2 B-Moll, op. 36“ in der Erstfassung von 1913.

Die junge Frau im roten Kleid ging von Anfang sichtlich an ihre physischen Grenzen. Zum Auftakt der Haydn mit einem erstaunlichen, auf einer enormen mentalen und technischen Disziplin beruhenden Ausdruck. Während einige Zuhörer hier eine „schöne, spielerische“, gar „höfische Eleganz“ zu vernehmen meinten, bemängelten andere wiederum eine gerade in den gefühlsbetonten Passagen des zweiten Satzes weniger stark akzentuierte Emotionalität.

„Vielleicht traut sich eine  24-Jährige eben noch noch so recht, uns die ganze Gefühlswelt darzulegen“, so ein fachkundiger Zuhörer.

Die virtuosen Herausforderungen der Chopinschen Übungsstücke meisterte die junge Pianistin dann gleichfalls mit atemberaubender Virtuosität,  blendender Technik und großem Einsatz.  Leider wieder, so auch Kirchertz, „aufgrund der ersten beiden Etüden mit der Tendenz, die lyrischen Etüden sehr zu überlagern“, so dass die Zuhörer sich kaum öffnen konnte für die romantisch-elegische Stimmungen. Gleichwohl gelang es Mengling Chen, den Kontrast zwischen bis zur völligen Verausgabung vorgetragenen fortissimo-Passagen und zartester Lyrik im pianissimo weitgehend in den Griff zu bekommen.

Das Kraftvolle, Energiegeladene, die große Geste, all das dominierte das Konzert. So war es nur folgerichtig, dass sich dieser Grundton auch in Rachmaninoffs „Sonata Nr. 2 B-Moll“ fortsetzte. Das Werk, von der Kritik ohnehin als eher vom Intellekt denn vom Herz bestimmt, forderte der jungen Pianistin dann in der Tat alles an mentaler und physischer Kraft ab.

„Selten ist uns (…) die russische Seele derart nahe gekommen in der Schroffheit und inneren Zerrissenheit“, fasste Ernst Jürgen Kirchertz seine gewohnt euphorische Zustimmung in Worte.

Nach dem furiosen Schluss sehr lang anhaltender Applaus, vereinzelte Bravo-Rufe und infolge Erschöpfung keine Zugabe. Aber auch diesmal wieder einmal  die Einsicht, dass sich bei „Junges Jahr mit jungen Künstlern“ ein Mega-Talent sich auf den Weg gemacht hat, das nach einigen Jahren der Reifung sicherlich wie schon so viele andere sagen können wird: „Es begann auch im „Schaafstall“ in Egestorf.“

Weitere Einträge