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„Höchste Zeit für meine Zeit“

„Höchste Zeit für meine Zeit“

Samstag, 27. Mai 2017

 „Darf´s vielleicht ein bisschen weniger sein?“ Für Uwe Mebs, den ersten Bevollmächtigten im IG Metall Geschäftstellenbereichs Alfeld-Hameln-Hildesheim, ist klar: es geht um die Verbesserung der Arbeitszeit. Die soll nicht nur besser plan- und beeinflussbar, sondern vor allem auch vollständig vergütet oder ausgeglichen werden.

Dem Thema „Arbeitszeit“ war die Delegierten- und Funktionärskonferenz der IG Metall in Buchhagen gewidmet, zu der Gewerkschafter aus dem gesamten Geschäftsstellenbereich gekommen waren. Rund 16600 Mitglieder in derzeit 145 Betrieben sind organisiert, Tendenz leicht rückläufig. Dazu gehören namhafte Unternehmen wie Phoenix Contact, Reintjes, Wabco, Bosch oder die Aerzener Maschinenfabrik.

Längst passé sind die Zeiten, da es vorrangig um eine Arbeitszeitverkürzung ging, Digitalisierung und Globalisierung haben auch die Arbeitszeitproblematik wesentlich verändert. „Es geht darum, die 35-Stunden-Woche fit für die Zukunft zu machen“, so Mebs. Ständige Erreichbarkeit, von Arbeitgebern, immer stärker geforderte Flexibilisierung, 1,8 Mrd. unbezahlte Übersunden, wachsender psychischer Druck, all das seien Aspekte, die in die Arbeitszeitdiskussion einfließen müssen.

Das Misstrauen der Betriebsräte an den Plänen der Bundesregierung ist groß. Sie fürchten deren angekündigte „konditionierte Abweichung von den bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich Tageshöchstarbeitszeit und Ruhezeiten“. „Das heißt schlicht Aufhebung der Höchstarbeitszeit von zehn Stunden täglich und Deregulierung bei Überstunden und Sonntagsarbeit“, so ein Delegierter.

Eine Beschäftigtenbefragung hat die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit deutlich gemacht: für die Mehrheit der Befragten sind 35 Stunden zwar die Wunscharbeitszeit, die jedoch vielfach deutlich überschritten wird. Mebs beklagt: „Wochenendarbeit ist einer der großen Unzufriedenheitsfaktoren und weit verbreitet.“

Die Forderung der Gewerkschafter: „Dem Mantra der Arbeitgeber von Vollzeit plus Überstunden plus Leistungsintensivierung plus Flexibilität“ sind Grenzen zu setzen und neue Bedingungen zu schaffen, die die Selbstbestimmung der Beschäftigen bei der Arbeitszeit ermöglichen.“ Eine allgemein verkürzte Wochenarbeitszeit ist dagegen keine breit getragene Forderung.

Dass die Arbeitszeit mit der Lebenszeit in Einklang gebracht werden müsse, war auch eine zentrale Forderung in der Podiumsdiskussion, in der Gewerkschaftsvertreter aus den regionalen Betrieben berichteten. Zunehmende Projektarbeit etwa setze die Beschäftigen unter ganz neue Formen von Stress, so Björn Breuer von Phoenix Contact, und Betriebsarzt Dr. Ulf Witkowski schilderte die gesundheitlichen Folgen von Schichtarbeit und betonte die Notwendigkeit von effektiven Ruhezeiten. Der Mediziner erntete Applaus für seine Feststellung, dass es gerade dem Managernachwuchs hier oft an Sozialkompetenz mangele.

Die Arbeitszeitdiskussion wirft unterm Strich viele neue, ganz hadfeste Fragen wirft auf: Was ist mit E-Mails am Abend und in den Ferien? Was ist eigentlich Arbeitzeit angesichts mobiler Laptop-Arbeit? Wer profitiert tatsächlich von einer „Flexibilisierung“? „Es geht um meine Zeit, mein Leben. Wir müssen Arbeit neu denken!“, so die Schlussfolgerung der Gewerkschaftsfunktionäre.

Dass die sich mitten im Wandel neu positionieren, wurde in Buchhagen mehr als deutlich.

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