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Sommerkirche in Brünnighausen

Sommerkirche in Brünnighausen

Dienstag, 08. August 2017

Sonntag 17 Uhr. Im sonnenüberfluteten, malerischen Dörfchen Brünnighausen ruft die Glocke der Johannes-Kirche zum Gottesdienst. Die lindgrünen Bänke im ansonsten eher schmucklosen Kirchenschiff sind alle besetzt. Was sicherlich zum einen an Chorleiter und Organist Reinhard Grosser und den Damen des „Nesselberger Tons“ liegt, zum anderen aber auch am Stargast der „Sommerkirchen“-Veranstaltung. Lutz Stratmann, von 2003 bis 2010 niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, hielt diesmal die Predigt.

„Im Luther-Jahr haben wir Prominente gebeten, jeweils zu einem Luther-Wort Stellung zu beziehen“, erklärt Rolf Schweinebart vom Kirchenvorstand. Nach TV-Pastor Jürgen Fliege, dem Europa-Abgeordneten Bernd Lange, dem Chefarzt des Krankenhauses Lindenbrunn und dem evangelischen Landesbischof nun also Lutz Stratmann. Den hatten die Pastoren Michael Gand und Dr. Gerhard Wegner nach Brünnighausen verpflichten können. „Kleine Dörfer, große Promis, das ist unser Motto“, schmunzelte Wegner. Gut ein halbes Jahr habe Stratmann Zeit zur Vorbereitung gehabt. Und die Aufgabe, die die Kirchenmitglieder dem Politiker gestellt hatten, war nicht leicht, galt es doch sich zum folgenden Lutherspruch zu positionieren: „Das ist das Nötigste in der Welt, dass man ein streng weltlich Regiment habe. Die Welt kann nicht nach dem Evangelium regiert werden, denn das Wort ist zu gering geachtet und betrifft nur einen kleinen Kreis von Menschen.“

Eine Aufgabe, die der 1960 in Oldenburg geborene CDU-Politiker, gelernte Jurist und Unternehmensberater, der derzeit als Geschäftsführer der Demografieagentur für die niedersächsische Wirtschaft tätig ist, mit beachtlicher Eloquenz und Gedankentiefe meisterte. In einem Vortrag, der einer religionsgeschichtlichen oder  philosophischen Vorlesung alle Ehre gemacht hätte, beschäftigte sich Stratmann in gleichwohl allgemein verständlicher Sprache nicht nur mit historischen Aspekten des Machtgeflechts von Kirche und Staat vom Petrusbrief an die Römer („Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist“) bis hin zum lutherischen Verständnis einer strenger, Gehorsam einfordernden Obrigkeit, sondern ließ zudem deutlich werden, dass auch heute vor dem Hintergrund der „Rechtfertigungslehre“ Christen dem Staat und dessen demokratischen Rechtssetzungen folgen müssten. „Die weltliche Macht muss regieren und die luthersche Freiheit eines Christenmenschen garantieren.“ Freiheit und die damit verbundene Übernahme von Verantwortung seien Grundlage freier Gesellschaften. Von denen sich freilich religiös-doktrinäre und totalitäre Entwicklungen wie in der neueren Türkei abgrenzten.

„Wer fromm ist, muss auch politisch sein“ zitierte Stratmann den Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx, und stellte abschließend heraus, dass auf der Grundlage des 1999 formulierten gemeinsamen Verständnisses der Rechtfertigungslehre („sola fide“ – allein durch den Glauben) die Weichen in Richtung einer Vereinigung beider christlicher Konfessionen gestellt seien.

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