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Andreas Rebers im Weserberglandzentrum

Andreas Rebers im Weserberglandzentrum

Mittwoch, 18. November 2015

Web1Darf man da klatschen? Lachen? Darf einem so was gefallen? Was Andreas Rebers ins Publikum schleudert, das ist sprachlich ebenso hochklassig wie voll poetisch verpackter Zwiespältigkeit. Das Publikum im vollbesetzten Weserberglandzentrum reagiert mitunter mit einem Raunen, zögerndem Applaus, dann wieder mit befreitem Lachen und heftiger Zustimmung. Andreas Rebers´ Programmtitel „Rebers muss man mögen“ ist in sich doppeldeutig und unterscheidet sich wohltuend von der Betroffenheitsrhetorik seiner Kabarettkollegen.

Für Rebers sind die „schulmeisterliche Schwachdenker“, „Wir-Kabarettisten, die Gesinnung generieren“, „mediale Nutten, die der Wirklichkeit hinterherlaufen“. Statt „Gesinnung“ habe er eine „Haltung“, so Rebers, dem es auch an diesem Abend immer wieder gelingt, seine Zuhörer zum Klatschen an den falschen Stellen zu verführen.

Erziehung sei möglich, so Rebers etwa mit Hinweis auf Papst Franziskus´ Worte zur körperlichen Züchtigung. Und auch seine überspitze Feststellung, dass soziale Benachteiligung kein Grund sei religiös zu werden, hinterlässt bei manchem Zuhörer Befremden und Ratlosigkeit, andere applaudieren teils heftig. „Der will doch in erster Linie provozieren“, sucht eine Besucherin zur Pause nach Erklärung. „So richtig lachen konnte ich noch nicht“, fasst ein anderer seine Verunsicherung in Worte.Web2Nicht jeder verträgt Rebers oft ätzenden Spott und sein Konglomerat fortwährend wechselnder Standpunkte und Perspektiven. Auf augenzwinkernde Selbstironie wartet man bei Andreas Rebers vergebens. Stattdessen zieht einen der aus Westerbrak stammende „Reverend Rebers“ hinein in ein hochpoetisches Text- und Musik-Konstrukt, das mit klassischen Kabarett nichts und mit „political correctness“ schon gar nichts zu tun hat.

Blödsinn? Tiefsinn? Hintersinn? In jedem Fall offensichtlich genialer Wahnsinn, der die eigene, liebgewonnene und kaum hinterfragte „political correctness“ mächtig ins Wanken geraten lässt. Feststellungen wie die, dass es um nichts weniger als „die Verteidigung der Mitte und die Teilung der Gesellschaft“ gehe, wirken weit über den Abend hinaus nach.

Nein, Andreas Rebers Programm ist nichts für alles und jeden verstehende Gutmenschen, kein durch und durch ästhetisierter Kabaretthumor medial glatt gehobelter Empörungsentertainer, sondern eine inhaltlich skurrile und an Wortspielen reiche Kampfansage an Dogmatiker und Radikale jedweder Couleur und ihre naiven Zuarbeiter, gespickt mit bissigen Bloßstellungen, einprägsam, kompromisslos, hinterlistig, glänzend formuliert. Und dass Rebers ein hervorragender Musiker ist, der seine Texte musikalisch wirkungsvoll inszeniert, steht gleichfalls außer Frage.

„Der ist nicht wie andere, der positioniert sich ständig um“, begreift endlich auch eine Besucherin. Ja, Rebers ist erfrischend anders, weit außerhalb des Kabarett-Mainstreams, und doch sehr nahe am Menschen. Gerade deshalb muss man ihn einfach mögen.

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