Das stumme Radio
Dienstag, 22. Dezember 2020 - Allgemein

Sie sagen, ich sei ein Radio-Junkie. Da mag was dran sein, zieht man zumindest die Zahl der Radioapparate und andere Empfangsmöglichkeiten ins Kalkül. (Keine Sorge GEZ-Anwälte, alles angemeldet und bezahlt). Da hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so einiges angesammelt. Das Kofferradio, das ich zur Konfirmation Anfang der 60er bekommen habe, ein Telefunken Bajazzo TS, das selbstgebastelte Solarradio aus jener, freilich sehr kurzen, Periode als ich mich in den Wahn verstieg, Elektrotechnik zu studieren, die schwarze Hifi-Anlage mit hochwertigen Bausteinen von Sony und Pioneer, die ich mir nach dem Studio zusammen mit einem Weltempfänger von Grundig mit dem vielversprechenden Namen „Satellit“ leistete, das unermüdlich dudelnde Küchenradio meiner Mutter, dessen Skalenglas ein hauchdünner Fettfilm ziert, der große Saba meiner Eltern aus den Wirtschaftswunderjahren, den ich in einem Anfall von Altruismus dem örtlichen Museum als Leihgabe für eine 60er Jahre-Ausstellung übergab, und nie wiedersah. Verteilt man all diese radiofonen Kostbarkeiten (das sind sie zumindest für mich, “Bares für Bares-Händler mögen das anders sehen), überall im Haus und schaltet denselben Sender ein, so entsteht ein einzigartiger Klangteppich, der vor allem nachts eine nahezu surreale Atmosphäre schafft. Es entsteht eine innere Bühne im Kopf, auf der sich die Töne etwa von Hörspielen in der akustischen Dimension zu einem inspirierenden Spektakel zusammenfinden. In diesem Klanghaus in den Schlaf hineinzudämmern, ist seit vielen Jahren ein einzigartiges Erlebnis.
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