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Mehr Teilhabe durch „Einfache Sprache“

Mehr Teilhabe durch „Einfache Sprache“

Montag, 29. Mai 2017

 Manchmal verstehen wir einfach nur noch Bahnhof: Juristendeutsch und Fachchinesisch, Behördensprache und Expertenkauderwelsch machen auch sprachgewandte Zeitgenossen immer öfter ratlos. Für die IGBCE-Funktionärin Gertrud Völkening ist daher „Leichte Sprache“ (LS) nicht ausschließlich etwas für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen, Schlaganfallpatienten oder Sehbehinderte. Sie stellt fest: „7,5 Mio. Menschen bei uns sind Analphabeten, 13 Mio. beherrschen nicht einmal die Rechtschreibung auf dem Niveau der vierten Grundschulklasse.“ Es besteht also Handlungsbedarf. Die Teilhabe der Betroffenen muss gesichert werden. LS soll helfen. Wie LS funktioniert, das hat Gertrud Völkening jetzt in einem Vortrag im Wilhelm-Gefeller-Bildungszentrum dargestellt.

Vor allem Menschen mit einfachem Leseniveau haben es im Alltag schwer. Formulare ausfüllen, Arztgesprächen folgen, amtliche Schreiben verstehen, von Versicherungsverträgen und Kleingedrucktem ganz zu schweigen, all das bereitet Probleme.  „Halt! Leichte Sprache!“ fordert da Völkening. Die soll inhaltlich und optisch die Chancen zum Verständnis komplizierter Zusammenhalte verbessern. „Wir müssen uns auch in der Alltagssprache einfach zukunftsfähiger aufstellen“, fordert Völkening. Sie will mit „Leichter Sprache“ neue Töne anschlagen. Die LS-Grundsätze sind nach der Grundregel „Der Mensch zuerst!“ aufgebaut. Ab dem 1.1.2018 ist diese „Barrierefreiheit beim Schreiben und Lesen“ für alle Behörden Pflicht. Völkening: „Die müssen dann ihren Bescheiden entsprechende Erläuterungen in „Leichter Sprache“ beifügen.“ Auf den Weg gebracht hatte die Durchsetzung von „Leichter Sprache“ die Parlamentarische Staatssekretärin  und örtliche SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller. Auf deren Vorlage „Sprechen Sie behördisch?“ hatte sich Völkening im Wesentlichen gestützt.

Zwar sei die Notwendigkeit der Anwendung von LS offensichtlich, doch die Widerstände mancher Berufsgruppen sind erheblich. „Bei den Juristen Widerstand ohne Ende, jüngere Ärzte dagegen unterstützen uns. Sprache ist eben auch immer soziales Status und Ausgrenzungsmittel“ beklagt die für die „Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung“ (AEWB) , einer zentralen Anlaufstelle für Qualitätsmanagement, Beratung und Fortbildung zuständigen Einrichtung aus Hannover, tätige Referentin.

„Hier gibt es einen riesigen Bedarf – und es öffnet sich ein großer Markt, denn es fehlt uns an Personal, dass LS im Alltag praktisch anbieten kann“, so Völkening.  Niemand kann heute ohne LS auskommen, so die Einsicht der Zuhörer. Dass auch Fußballmuffel durch LS endlich den Begriff „Abseits“ kapieren können, machte Völkening anhand einer – leider restlos vergriffenen – Regelkunde in LS der Lebenshilfe Bremen in Zusammenarbeit mit Werder Bremen deutlich. Fazit: LS ist ein Volltreffer!

Und so geht „Leichte Sprache“   

Mit „Leichter Sprache“ wird eine barrierefreie Sprache bezeichnet, die sich durch einfache, klare Sätze und ein übersichtliches Schriftbild auszeichnet.

  • Pro Satz nur eine Information
  • Wichtiges zuerst
  • Keine Nebensätze
  • Keine Fremdwörter
  • Keine Fachbegriffe
  • Immer das gleiche Wort für eine Sache
  • Kurze Wörter, kurze Sätze
  • Alltagssprache verwenden
  • Konjunktiv vermeiden
  • Viele Absätze machen
  • Leser persönlich ansprechen
  • Keine Silbentrennung
  • Zwischenüberschriften
  • Keine kursive Schrift
  • Bilder zum Sinnverstehen
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