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Krimilesung mit Krautrock-Reminiszenzen

Krimilesung mit Krautrock-Reminiszenzen

Freitag, 29. Juni 2012

„Ich bin zwar leicht zu begeistern, aber das war echt klasse“, gestand Tibor Maxam, der Leiter der Stadtbibliothek Springe. Zu Recht, denn das Autoren-Pärchen Ulrike Gerold und Wolfram Hänel bereitete den – überwiegend weiblichen – Gäste, die zur Lesung in die Stadtbibliothek gekommen waren, in der Tat einen „Mordsspaß“.

Bild: „Mordsspaß“ bei der Lesung mit von li.: Hilkje Hänel, Ulrike Gerold, Wolfram Hänel und Krautrock-Urgestein Arndt Schulz

„Erst gibt´s einen packenden deutsch- dänischen Krimi, dann vielleicht ein ebenso packendes Spiel Deutschland-Italien“, hoffte der Völksener Verleger der beiden, Dietrich zu Klampen, anfangs noch, und versicherte, man werde rechtzeitig vor dem Anpfiff fertig sein.

Doch was Ulrike Gerold und Wolfram Hänel samt Tochter Hilkje dann inszenierten, schlug die Balltreterei des späten Abends um Längen.

Mit Fragen wie „Sie kennen doch noch Kalle Blomquist?“ trafen die beiden drei punktgenau den Nerv der Zuhörer. Von  Uralt-Schwarz-Weiß-TV-Serien wir „Percy Stuart“, Erik Ode als „Der Kommissar“ oder „Schnapp-Ede“ Zimmersmanns „XY- ungelöst“ bis hin zu den stets mit „Schirm, Charme und Melone“ gewappneten Emma Peel und John Steed, entblätterten Ulrike Gerold und Wolfram Hänel eine erinnerungsschwangere Krimi-Nostalgie-Reise. Durchaus auf fundierter wissenschaftlicher Grundlage, zitierte doch Wolfram Hänel gar aus seiner Examensarbeit zum Thema „Sozialkritik im neuen deutschen Krimi“. Von Kalle Blomquist über –ky, Felix Huby, Janwillem van de Wetering bis hin zu zeitgenössischen Autoren spannte sich der Krimi-Bogen. Erbarmungslos gut ausgewählt und vorgetragen auch die Collage der Zitate aus US-Klassikern der „hard boiled school“ à la Chandler und Hammett.

„Ja, auch die Provinz ist mörderisch“, stellte Hänel in Anspielung auf hannöversche Halbwelten fest, die ab und an auch von Ex-Kanzlern und geschassten Polizeipräsidenten tangiert würden.

Zwischendrin Szenen aus dem Krimi-Erstling von Gerold und Hänel. Der ist druckfrisch, heißt „Kein Erbarmen“,  und sieht den Ex-Kommissar Tabori, einen 48-jähriger Privatier und berufsbedingten Paranoiker, dem die Ehefrau abhanden gekommen ist, und seine „Mitbewohnerin“ Lisa auf Ermittlungstour. Packend, mit präzisen Schilderungen hannoverscher Szenen und Milieus.

Ebenso packend aber auch die Krautrock-Reminiszenzen des Abends, für die Arndt Schulz auf der Gitarre sorgte. Der beherrschte nicht nur Bill Ramseys´ Mimi, die ohne Krimi nie ins Bett geht, sowie fast sämtlich TV-Krimi-Trailer-Motive, sondern teilte zudem zusammen mit Wolfram Hänel auch jede Menge historischer Krautrock-Interna mit. Wussten Sie etwa, dass der „Steppenwolf-Gründer“ John Kay eigentlich Joachim Fritz Krauledat hieß und auf die Waldorfschule am Maschsee gegangen ist?

Die köstliche Krimi-Krautrock Lesung wurde – leider – pünktlich vor dem Anpfiff abgepfiffen. Während die Kicker dann wider Erwarten langweilten, hätte hier eine Verlängerung durchaus gut getan.

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