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„…auf die Insel!“ – Auftakt der Fischbecker Orgelkonzerte

„…auf die Insel!“ – Auftakt der Fischbecker Orgelkonzerte

Dienstag, 03. Juli 2012

„Ich bin erstaunt über diesen ganz speziellen Ort“, bekannte der aus Deggendorf im bayerischen Wald stammende, 37-jährige Kirchenmusiker. Doch wo eine Orgel stehe, ob in einer katholischen bayerischen Barockkirche oder einem ländlichen norddeutschen Damenstift, das sei gleich. „Hauptsache Orgel“, so Tobias Lindner in breitestem Niederbayerisch. Der freischaffende, in Basel und Hannover lehrende Konzertorganist eröffnet die diesjährige Reihe der „Fischbecker Orgelkonzerte“ mit Werken englischer Renaissancemusiker.

 

Bild: Englische Renaissancemusik in Wort und Musik – Ursula Schroeder und Tobias Lindner

„Alles mehr oder weniger um Händel herum“, so Lindner. Im Gegensatz zur „eher etwas zurückhaltenden“ kontinentalen Orgelmusik jener Zeit seien die Werke von Komponisten wie John Stanley, William Byrd oder dem Schöpfer der englischen Nationalhymne, Dr. John Bull, voller „besonders kerniger Strukturen, alles griffige,  polyphonisch durchwebte tolle Sachen“, schwärmte Lindner.

Die norddeutschen Klangfarben der Fischbecker Hillebrand-Berner-Orgel seien zu dieser Musik „absolut passend“, weil „scharf, kräftig und eben kernig im Klang.“ Instrumente in katholischen Kirchen seien da „gemeinhin sanfter und weicher.“

Zwar zeigte sich auch das Wetter „very british“, doch tat das dem erstmals veranstalteten Dreiklang aus „Klönschnack im Kreuzgang“ bei Brot und Wein, einer kenntnisreichen Konzerteinführung durch die Organisatorin des Abends, die ehemalige Musikpädagogin und Kapitularin Ursula Schroeder und dem eigentlichen Konzert keinen Abbruch.

In der sehr gut besuchten Stiftskirche erfuhren der Ehrenvorsitzende des Deutschen Ruderverbandes und Orgelexperte Helmut Griep, die Grünen-Vorsitzende Anja Piel, Theaterintendantin Dorothee Starke, Orgelkustos Christoph Becker-Foss und Orgelbauer Martin Hillebrand zusammen mit den anderen Konzertbesuchern spannende Einzelheiten aus dem Leben der Komponisten. Ursula Schroeder spannte dabei den Bogen vom „Vater der englischen Musik“, William Byrd, über den großen Henry Purcell, dessen Lehrer Samuel Wesley, der wie Mendelssohn-Barholdy Bachs Werke dem Vergessen entrissen habe, bis hin zum von den Briten als einen der ihren gänzlich vereinnahmten „George Frideric Handel“.

Interessant am Rande: Der Ohrwurm „Green Sleeves“ stammt wohl aus der Feder Heinrichs VIII. und über jenen Dr. John Bull wusste Tobias Lindner zu zitieren, dass der ein ebenso gefürchteter „Verderber von Jungfernschaften“ gewesen sei wie er „an Orgeln und Virginalen herumgefingert“ habe. Derart eingestimmt, erwies sich das rund 70-minütige, in Händels zweiter Solomon-Overtüre gipfelnde Konzert als rundum „kerniger“ Genuss.

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