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Michael Ehnert liest „Wache 16“

Michael Ehnert liest „Wache 16“

Sonntag, 09. September 2012

Soviel steht fest: wenn einer mehr als 5000 amerikanische Action-Filme gesehen hat, dann kann das nicht ohne Folgen bleiben. So wie bei Michael Ehnert, Jahrgang 1967, aus Hamburg, schlank, smart, hellwach, und in der Lage sekundenschnell in die abstrusesten Figuren zu schlüpfen.

Ehnert, ein Tausendsassa. Undenkbar, dass eine bundesdeutsche TV-Krimi-Produktion ohne ihn auskäme. Ehnert, ein Serien-Allgegenwärtiger vom ARD-Tatort über „Ein Fall für Zwei“, „Wolffs Revier“ bis zu den „Rettungsfliegern“. Was er genau ist? Schauspieler? Kabarettist? Comedian? Regiesseur? TV-Akteur? Vorleser? Ehnerts Antwort dazu: „Ja“.

Trotz starker Konkurrenz in der Rattenfängerhalle gleich nebenan war Michael Ehnerts Lesung zum Auftakt des Hamelner Krimifestivals in der „Sumpfblume“ dennoch sehr gut besucht. „Wie liest man eigentlich ein Drehbuch?“ rätselten die Gäste. Ehnert blieb die Antwort nicht schuldig. „Meine erste Lesung überhaupt“, begann er, und schon die Einführung über die Entstehung dessen, was da folgen sollte, geriet in unverkrampftem Plauderton zum Hörerlebnis.

„Wache 16“, so der Titel des Skripts, sei eine Mischung von „Lethal Weapon“ und der Kult-Krimi-Serie „Kottan ermittelt“. Höchst amüsant bereits wie Ehnert die Geschichte des von den Fernsehanstalten hoch gelobten gleichwohl immer wieder zurückgeschickten Texts schilderte. Schließlich  habe ihm ein Produzent 75000 D-Mark für die Rechte geboten. „Nur wenn ich die Hauptrolle spiele“, habe er geantwortet. Acht Jahre habe das Buch daraufhin in der Schublade gelegen.

Jetzt ist daraus zusammen mit dem österreichischen Regisseur Paul Harather die „Wache 16“ geworden. Die liegt zwischen St. Pauli und dem Schanzenviertel in Hamburg. Ehnerts Vater hat dort Dienst geschoben.

Schnitt. Die Lesung.

Schon der Einstieg köstlich. Der Held hat den Autoschlüssel verlegt und – Schnitt – entert sein Gefährt via Kofferraum – Schnitt – dann taucht Turgay Moldenhauer auf – Schnitt – schwungvolle, witzige Dialoge entspannen sich, und – Schnitt – es dauert nur Minuten – Schnitt – und die Zeugen des sich bild-, wort- und gestenreich entfaltenden Hör-Films sind mittendrin in einer typischen Action-Komödie. Also: Augen zu, und das Kino im Kopf auf volle Lautstärke.

Was Ehnert, der sich in wenigstens 25 stimmlich klar differenzierten Rollen austobt,  bietet, ist schlichtweg grandiose Unterhaltung. Alle Versatzstücke des Genres sind perfekt inszeniert. Und der Zuhörer fragt sich, warum eigentlich noch einen Film draus machen. Ein Hör-Film à la Ehnert wäre da sicher die bessere Alternative.

Schnitt und Abspann.

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