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Satire in Hachmühlen mit dem Kabarett „Mischlingen“

Satire in Hachmühlen mit dem Kabarett „Mischlingen“

Sonntag, 23. September 2012

Angesichts allgegenwärtiger Comedy-Blödeleien ist intelligent gemachtes Polit- und Wortkabarett selten geworden. Aber es gibt sie noch, die Satiriker wie „Die Pawlowskis forte“ aus Göttingen oder die bunte Multi-Kulti-Truppe „Mischlinge“ vom Kulturzentrum „Alte Polizei“ in Stadthagen.

Bild: Geraten über den Begriff „Leitkultur“ ins Schwitzen – Cemal Kilic und Joachim Schütz

Das 1992 aus einer ABM-Maßnahme heraus gegründete Ensemble gastierte bereits zum vieren Mal im Gemeindehaus von St. Martin in Hachmühlen. Diesmal hatten die Amateur-Kabarettisten unter der Regie von Renate Junklewitz ein elfteiliges Set ihrer besten Nummern aus den vergangenen zwei Jahrzehnten zusammengestellt.

Bei den „Mischlingen“ stimmt die Mischung. Vor allem, weil sie auf Teamleistung setzen, Solo-Eskapaden vermieden werden, und der Charme und Witz ihrer Sketche sich gerade aus dem Zusammenspiel eines Bayers mit einer Ukrainerin oder einem Deutsch-Türken ergeben. Wenn überhaupt, so ist „Integration“ das Leitthema der „Mischlinge“, egal, ob der Deutsch-Türke die Ärztin um eine kosmetische „Eindeutschung“ bittet oder  die amüsante Talkrunde den Zusammenhängen von „Mafiaverbrechen und Schulhofgewalt“ nachspürt. Natürlich fehlen auch mehr oder weniger aktuelle Anspielungen nicht: Fähnchenschwingende und Protestparolen rufende Schleckerfrauen regen ebenso zum Nachdenken an wie die sich zwischen Dienstgraden und Vorschriftensalat verheddernden Marinesoldaten und –soldatinnen, die beim Anti-Pirateneinsatz einen eher hilflos-harmlosen Eindruck hinterlassen.

Ein Glanzpunkt sicherlich gleich zu Anfang die „Sauna“.Nummer, in der sich die beiden halbnackten Akteure vehement über deutsche Leitkultur erregen, Joachim Schütz atemlos und fehlerfrei Ludwig Uhlands „Als Kaiser Rotbart lobesam…“ herunterrattert und sein schwitzendes Gegenüber angesichts der in Versform beschriebenen Massaker an Muslimen fasziniert feststellt: „Oh Mann, ist das grausam.“

Szenische Bilder, collagenartig einfallsreich umgesetzt, das sorgte für thematische Abwechslung, ließ den gut 30 Besuchern der Aufführung im Hachmühler Gemeindehaus ausreichend Zeit, sich mit den einzelnen Inhalten zu beschäftigen. Ein echter Ansatz zu interkulturellem Austausch, handwerklich sauber und intelligent gemacht. Sicher, der Wirkungsgrad dieser Art von Satire und Polit-Kabarett ist zwar in ihren Verbreitungsmöglichkeiten medial eingeschränkt, doch für die Versorgung mit dringend benötigten geistigen Grundbedürfnissen fürs dankbare Publikum notwendiger denn je.

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