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Hannelore Hoger „Liebe und andere Kleinigkeiten“

Hannelore Hoger „Liebe und andere Kleinigkeiten“

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Nein, Liebe ist gewiss keine Kleinigkeit, sondern Lebensexilier und menschlicher Grundantrieb.  Das aber dürfte den überwiegend weiblichen Besuchern im zu zwei Dritteln besetzten großen Haus des Hamelner Theaters ohnehin vorher klar gewesen sein. „Liebe und andere Kleinigkeiten“, so allerdings heißt das Programm, das die Schauspielerin Hannelore Hoger zusammen mit dem Pianisten Siegfried Gerlich auf die Bühne bringt.

Die Texte im ersten des zweigeteilten Abends stammen aus dem von Sibylle Bergs herausgegebenen Buch  „Und ich dachte, es wäre Liebe“. Einer Sammlung von Abschiedsworten, mal voller Schmerz und Verzweiflung, dann wieder mit herablassender Distanziertheit und Verachtung.

„Ich habe ihre Liebe verloren, aber Sie habe ich nicht verloren“, so schreibt etwa die Sartre-Gefährtin Simone de Beauvoir 1950 an den verheirateten Schriftsteller Nelson Algren und bittet um ein Wiedersehen. Allerdings: „Ich werde nie mehr darum bitten, weil es keinen Sinn hat, wenn Sie es nicht wünschen.“

„Ernie, lieber Junge“. Eher mütterliche Gefühle entwickelte dagegen Agnes von Kurowski, die den jungen Ernest Hemingway verlassen hatte, in ihrem Abschiedsbrief. Und Rebecca Wests Verzweiflung über das Scheitern ihrer Beziehung zu H.G. Wells bringt Hannelore Hoger mit sich zu blanker Verzweiflung steigernder weinerlicher Aufgewühltheit über die Rampe. „Du hast mich zerstört, mich bis auf die Grundmauern abgebrannt.“

Da helfen nur noch Leberwurstbrote, zumindest bei Marlene Dietrich. Sie habe „plötzlich  akute Sehnsucht nach dem Trost der Betrübten und Leberwurstbroten“ schreibt die Diva 1945 unmittelbar nach Kriegsende aus Paris an Erich Maria Remarque.

Hogers warme, sanfte Stimme ergreift die Zuhörer gleich bei den ersten Sätzen. Nuancenreich, ab und an bewusst etwas abgehackt, nachdenklich, fast bedächtig, immer etwas rau klingend, ohne ausladende Intonation, und mitunter beinahe minimalistisch verleiht Hoger den Briefen und deren Schreiberinnen Herz und Seele. Von Dorothy L. Sayers über Marlene Dietrich, deren Stimmlage die Hoger ohne parodistische Mätzchen hauchzart aber hinreißend angedeutet, bis zum fast nüchternen, doch von hoher emotionalen Intensität geprägten Ton des Textes von Paula Modersohn-Becker.

Siegfried Gerlich, Geisteswissenschaftler, Pianist und Arrangeur, füllt die Lesepausen mit Stücken u.a. von Gershwin und Debussy. Einfühlsam gibt er so Raum zum Nachsinnen. Dabei stets mit der gebotenen Zurückhaltung gegenüber dem vorgetragenen Wort. Das bringt im zweiten Teil dann Amüsantes als komödiantischen Kontrapunkt. Dreimal Tucholsky und dreimal Loriot. Dass Hannelore Holger aus diesen Texten, die wir alle im Ohr haben, dabei tatsächlich noch eine neue Qualität herauskitzeln kann, spricht für die Klasse dieser exzellenten Rezitatorin.

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