Heimat ist überall – „JazzArt“ in der St. Andreas Kirche Springe
Heimat ist überall – „JazzArt“ in der St. Andreas Kirche Springe
Montag, 05. November 2012
Ulli Orth ist glücklich. Drei Konzerte, in Oldenburg, Stade und Springe, dreimal „standing ovations“. Kann sich ein Jazz-Musiker mehr wünschen? Kaum. Das Erfolgsrezept? Ulli Orth kennt es. „Die Mischung aus den drei europäischen Nationen hat es ausgemacht“, ist sich der Wennigser Saxofonist sicher. Als künstlerischer Leiter des Projekts „JazzArt Niedersachsen“ hat Orth eine Woche lang mit renommierten Jazz-Musikern aus Österreich, Frankreich und Deutschland die drei Konzerte auf dem Völksener Hermannshof vorbereitet.
Bild: Verwandelten den sakralen Klangraum ins Jazzlabor – das JazzArt Niedersachsen Ensemble 2012
Lustig wie nie sei es gewesen, doch man hätte auch mal eine Runde spazieren gehen können, berichtet er. Und das Ambiente? „Sehr anregend, sehr vorteilsbringend für das Projekt.“
Heimatklänge in Jazz umzusetzen, das sei ein Wagnis gewesen, aber die „Fusion der Stile und Ideen“ habe geklappt. Ja, am Ende sei man selbst ein bisschen ein Stück Heimat geworden.
„Oh ja, schöner Ort um zu arbeiten“, sagt auch Multitalent Laurent Dehors. Keine Frage, der „spirit of the Hermannshof“, der habe alles „easy going“ gemacht, nichts sei schwer gewesen, meint der französische Musiker.
Den letzten Kick hätte ihnen die Lisssche Tomatensuppe gegeben, stilecht mit Schmand und Sahne, und, so der quirrlige Hermannshof-Kulturmanager, „feinste Brotsorten und feinster Schinken, denn wenn die geprobt haben, dann wollen die auch was essen.“
Heimatklänge und Kirche, geht das zusammen? Nun, da lockten neue Dinge, neue Erfahrungen, der Aufbruch zu neuen Hörgewohnheiten, so St. Andreas-Pastor Klaus Fröhlich zur Begrüßung.
Dann die Stunde der Wahrheit, das Konzert. Schnell war klar – Prädikat: sensationell. Nicht nur das Kirchenschiff bewies – wieder einmal – dank niedriger Decke und ausreichender Dämpfung durch das Publikum – seine Jazztauglichkeit, auch die Künstler verstanden es, sich exzellent den Raumbedingungen anzupassen, ja mit ihnen zu spielen.
Garniert mit allerlei Informationsleckerbissen mundete das Jazz-Menü aufs Trefflichste. Da verwursteten Orth und Konsorten kreativ verfremdete Heimatklänge ebenso wie Schuberts „Dörfchen“, gaben einen Spritzer Jodel-Singsang obendrauf, brachten den Drehorgeltönen des „Wiener Werkls“ gar die Flötentöne bei, und schwelgten gedankenverloren zwischen ausgedehnten Disharmonien an Free-Jazz angelehnter Improvisationen, um auf Laurent Dehors Handzeichen ins wohlgeordnete Chaos zurückzufinden. Für diverse Spitzensoli gab´s verdienten Szenenapplaus. Ganz nebenbei sogar echten Lernzuwachs, denn wer hatte schon vorher gewusst, was ein „Einser-Panier“ ist. Am Ende die erbauliche Einsicht „Heimat ist eigentlich überall“. Und natürlich vor allem da , wo so kongenialer Jazz zelebriert wird.