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Tucho-Abend mit Joe Faß

Tucho-Abend mit Joe Faß

Mittwoch, 27. Februar 2013

„Benedikt, Berlusconi und der Peer, mach´n dem Kabarettisten ´s Leben schwer“, reimte Joe Faß etwas holprig zu Beginn seiner rund 90-minütigen Tucholsky-Show im Wilhelm-Gefeller-Bildungszentrum der IG BCE. “Der eine geht, der andere will wiederkommen, und der dritte weiß nicht so recht“, kommentierte Faß und erntete reichlich Lacher.

Bild: Mit geballter Faust und viel Sinn füpr dramatische Gestaltung – Joe Faß bei seinem Tucho-Abend im Wilhelm-Gefeller-Bildungszentrum

„Panter, Tiger & Co“, so hieß die vergnügliche „Satire-Feinkost“, die der ehemalige IG BCE-Hauptamtliche seinem Publikum anbot. Kein Satire-Zoo, sondern Texte der Satire-Ikone Kurt Tucholsky, der unter diesen Pseudonymen in der Zeit der Weimarer Republik und des aufkommenden Faschismus seine Textpfeile auf den Ungeist der Zeit abschoss.

Vor allem Juristen und Beamten gerieten dabei in „Tuchos“ Visier. Ein von Faß ausführlich referierter aktueller Rechtsstreit um die vermeintliche Tucholsky-Äußerung „Er war Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand“ offenbarte die beklemmende Zeitlosigkeit der Thematik.

Doch es waren vor allem die tief- und hintergründigen Einsichten, die dem Publikum neben einem Lachen auch reichlich Stoff zum Nachdenken gaben. Feststellungen wie „Das deutsche Schicksal ist, vor dem Schalter zu stehen, das deutsche Ideal, hinter einem Schalter zu sitzen“ oder „Es kommt nicht darauf an, dass der Staat lebe, es kommt darauf an, dass der Mensch lebe“. Hochamüsant auch Tucholskys bekannte soziologisch-philosophische Wort- und Gedankenspielereien um den „Sinn des Lochs“.

Für die Leiterin des Bildungszentrums, Sabine Süpke, sind Veranstaltungen wie diese „die Fortsetzung gewerkschaftlicher und politischer Bildungsarbeit mit anderen Mittel“. Während die Teilnehmer aus ganz Deutschland am Deisterhang tagsüber für die gewerkschaftliche Arbeit als Betriebsräte in den Betrieben büffeln, warten abends mitunter Kulturveranstaltungen wie der Abend mit Joe Faß aufs Publikum.

Der jedoch weist den Begriff „Comedian“ empört zurück. „Beileibe nicht. Weder Tuchlosky noch ich sind ´Comedians´, weil die Texte zu grundsätzlich sind und er wie ich wie mehr ins Detail gehen und am Menschen und nicht nur an spontanen Gags interessiert sind.“

Mit viel Sinn für dramatische Gestaltung verlieh Faß Tuchos Texten Leben, setzte dessen Satire-Pfeile sicher ins Ziel.

Unterm Strich war´s die versprochene „Satire-Feinkost“, die überaus mundete und zum einen die bekannten Satire-Perlen wieder aufpolierte, zum anderen einen von deren Strahlkraft durchdrungenen Akteur in Bestform zeigte.

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