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Team & Struppi in der Hamelner Sumpfblume

Team & Struppi in der Hamelner Sumpfblume

Sonntag, 03. März 2013

Ja es lebt noch, das anspruchsvolle Wort-Kabarett. Gott sei Dank, es ist nicht im Meer  mainstreamiger Comedy-Blödeleien ertrunken ist oder nur noch Pseudo-Intellektuellen in vorgerücktem Alter in TV-Satire-Nischen kurz vor Mitternacht vorbehalten. „Team & Struppi“ schaffen es mühelos, mehr als einhundert überwiegend jugendliche Besucher beim Abschluss der zweiten Hamelner „SpätLeseNacht“ in der „Sumpfblume“ sowohl zum Lachen wie auch zum Nachdenken zu bringen.

„Team & Struppi“, das sind Jasper Diedrichsen und Moritz Neumeier, ein Schauspieler und ein Autor aus dem hohen Norden, ein Duo voller Wortgewalt, mit einer unüberhörbar anarchischen Ader.

Ältere Semester zucken zusammen, wenn in Neumeiers schier endlosem Redeschwall plötzlich Sätze wie „alle Banker sind beschnitten“ auftauchen, wenn Vertriebene mit dem scheinbar lockeren Spruch „weggegangen Platz vergangen“ belegt werden. Frech, respektlos, anarchisch, kommen die beiden Kabarett-Youngster daher.

Wo ist die Grenze? Kurzes Nachdenken, dann eine eindeutige Antwort: „Die ist bei jedem von uns unterschiedlich, im Prinzip aber gilt Tucholsky, Satire darf alles, wenn es einen Sinn macht.“

„Wir gehen mit unseren Themen dahin, wo´s wehtut“, stellt Neumeier klar. Wir sind die erste Generation, die damit nichts mehr zu tun hat, die davon nicht mehr konkret  belastet ist. Eine große Chance.“

Sie wollen Anstöße geben, ihr Publikum zu einem gemeinsamen Denkprozess motivieren. In langen, spontan wirkenden Dialogen dröseln dringen sie in die Abgründe unserer Gesellschaft ein, greifen sie die Aufreger der Zeit auf, sinnieren etwa die Folgen der Überqualifizierung, der Jobsuche und des Kampfes um Arbeitsplätze. Damit treffen sie den Nerv auch des Hamelner Publikums, das mitunter direkt reagiert und mit den beiden in Dialog tritt.

Auch die Mitglieder der evangelischen Jugend jubeln, als die beiden Anarchos Jesus ins kabarettistische Visier nehmen. „Toller Party-Gag, das mit dem über´s Wasser laufen.“

Nein, infantil ist das nicht, was die beiden abliefern. Sie machen bitterböses Kabarett, das einem mitunter im Halse steckenbleibt und sind gleichzeitig auf der Suche nach den Werten ihrer Generation.

„Formal haben wir uns eindeutig positioniert. Keine Comedy, sondern Wortkabarett“, stellen beide unmissverständlich klar – und sind damit nicht nur auf einem steilen, von Preisen eingerahmten Weg nach oben, sondern schließen an die Großen des Genres wie Dieter  Hildebrandt, Wolfgang Gruner, Hans Jürgen Diedrichs oder Werner Schneyder an. Mit gleichem Feuer doch gänzlich anderem Zugang. Laut, anarchisch, bitterböse, unerschrocken und schonungslos. Ob sie damit zu weit gehen? Wohl kaum, denn das ist schließlich das Recht einer Generation, die sich von vielem befreit hat.

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