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Ristorante Immortale

Ristorante Immortale

Dienstag, 09. April 2013

„Die Gesichter bewegen sich doch, oder nicht?“ Einige der vielen jungen Zuschauer diskutieren in der Pause aufgeregt, wie die Maskenspieler der „Familie Flöz“ wohl diesen Effekt der scheinbar lebenden Masken erzielen.

Mit „Ristorante Immortale“ gastierte das mittlerweile in weiten Teilen Europas auf Tour gehende Maskentheater bereits zum dritten Mal im Hamelner Theater. Nach „Hotel Paradiso“ und „Teatro Delusion“ entführten die fünf Akteure die Zuschauer im fast ausverkauften großen Haus diesmal ins „Ristorante Immortale“. Das scheint irgendwo im Nirgendwo zu liegen. Tagtäglich bereitet dort zwischen fünf Pendeltüren und der Klappe zur Küche eine unermüdliche Belegschaft trotz allerlei Hindernisse das abendliche Dinner vor – aber die Gäste bleiben aus.

Der Zuschauer taucht ein in einen zwischen ausgesprochen anrührenden poetischen Elementenund tiefer Melancholie pendelnden, mitunter ans Absurde grenzenden, fein austarierter Mikrokosmos, in dem es in jedem Augenblick etwas Neue zu entdecken gibt. Mal eine Geste, dann wieder eine wohldosierte Slapstickeinlage, und viele liebevolle Ausstattungsdetails.

Da ist der alte grauhaarige Kellner mit den traurigen Augen, in fortwährendem Gerangel mit seinem hageren, eitlen, südländisch temperamentvollen Kollegen, beide wiederum rangeln mit dem kleinen Nachwuchskellner. Auch der wohlbeleibte, fortwährend Eierkartons in eine imaginäre Küche schleppende Koch erntet manchen Lacher, und natürlich bekommt auch der schwarz bebrillte Ristorante-Chef sein Fett weg.

Das Spiel ist anrührend und verzaubert bewegt jeden Zuschauer ganz individuell. Da lacht plötzlich mal ein Kind im Publikum laut auf, dann wieder gluckst eine Frauenstimme, weil sie irgendetwas entdeckt hat. Am Ende brechen sich  anhaltender Applaus und Bravorufe Bahn für eine tief bewegende Theaterleistung. Die Frage bleibt: „Wie machen die das bloß?“

Maskenspiel funktioniere vor allem durch den eingefrorenen Konflikt, erläutert Regisseur und Maskenbauer Michael Engel. „Nicht die Größe und Intensität der Geste entscheidet, sondern die Haltung. Am Höhepunkt des Konfliktes eine Haltung machen, das ist Maskenspiel.“ Das präzise Halten dieser Momente lese der Zuschauer und erkenne sich in diesem Moment wieder. Eine Technik, die das Quintett vom „Ristorante Immortale“ perfekt beherrschte. So perfekt, dass die Schülergruppe selbst beim Verlassen des Theaters noch darüber diskutierte, ob sie sich vielleicht nicht doch bewegen, die Masken der „Familie Flöz“.

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