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Das Westfälische Landestheater mit der „Dreigroschenoper“ im Theater Hameln

Das Westfälische Landestheater mit der „Dreigroschenoper“ im Theater Hameln

Freitag, 26. April 2013

Was den Erfolg seiner „Dreigroschenoper“ ausmache? Bertolt Brecht hatte es befürchtet: „All das, worauf es mir nicht ankam, die romantische Handlung, die Liebesgeschichte, das Musikalische.“ So der Dramatiker um 1933 in einem Interview. Statt Gesellschaftskritik also musikalisches Entertainment, statt Polit-Theater mit Appellcharakter ein durch und durch verbürgerlichtes Amüsierstück? Ein Zweispalt, mit dem sich seitdem jede Inszenierung auseinandersetzen muss.

Immerhin geht es um nicht mehr oder weniger als den Zusammenhang von Ausbeutung, Armut und Kriminalität, damals wie heute. Und so stellt sich die Beantwortung der sozialen Frage angesichts von Bankenkrise, Hartz IV, Niedriglöhnen und neuer Armut auch dem Theater tagtäglich neu.

Grundlegend entrümpelt habe man die Dreigroschenoper, so Tourleiter Felix Sommer, und Intendantin Dorothee Starke kündigte eine „verhältnismäßig klassische“ Inszenierung an.

In der freilich warteten die Zuschauer im gut besuchten großen Haus dann vergeblich darauf, dass der Funke übersprang. Katrin Herchenröthers Inszenierung erwies sich als weder Fisch noch Fleisch, ging – bis auf einige Bilder im zweiten Teil – nicht unter die Haut. Dabei zeigte sich das von Tankred Schleinschock geleitete „Lippe-Saiten-Orchester“ in glänzender Form, und das von Kathrin Schlecht einfallsreich gestaltete, auf ein Dutzend große Kisten reduzierte Bühnebild war schlichtweg begeisternd. Dass die Musik obendrein ihre Wirkung tat, stand außer Frage.

Musikalisch und schauspielerisch zeigten die Akteure allesamt ordentliche Leistungen, allen voran Sophie Schmidt, die Darstellerin der Polly, wenngleich mit vielleicht etwas zu hohen und zu schrillen Tönen. Beeindruckend auch Vesna Buljevic, die als Frau Peachum dann doch einen Hauch von brechtscher Theaterkunst über die Rampe brachte.

Dennoch ließ viele im Saal das Spiel kalt. Lag´s an Roni Merza, der als Macheath eher einem drittklassigem Mafia-Movie entstiegen schien, oder am lustig ausstaffiertem Markus Rührer als Jonathan Peachum, der wie in einer Kinderklamotte über die Bühne stapfte, oder an den schrill überzeichneten Nebenfiguren?

„Vielleicht ist das Schrille ja beabsichtigt“, rätselte eine Zuschauerin hinterher. Von „nett“, „schöne Musik“ über „doch ein bisschen langweilig“ bis „das hat mich nicht berührt“ reichte die Palette der Zuschauerkommentare. „Ich fand´ die musikalische Kurzfassung bei der ersten, wegen Krankheit ausgefallenen Aufführung, besser. Da stand die Musik im Vordergrund“, bewertete ein anderer Zuschauer. In der Tat, Bertolt Brecht musste es geahnt haben.

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