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Shakespeare-Spektakel auf dem Marktplatz

Shakespeare-Spektakel auf dem Marktplatz

Donnerstag, 30. Mai 2013

„Noch fünf Minuten“. Mit lauten Paukenschlägen kündigen zwei Statisten den unmittelbar bevorstehenden Beginn des großen Shakespeare-Spektakels auf dem Springer Marktplatz an. Die Sitzbänke vor der mobilen, auf einen LKW-Hänger montierten Bühne füllen sich. Auch Petra Kowalka, die Leiterin des Völksener DRK-Kindergartens, die mit fünf ihrer Kolleginnen gekommen ist, ist dankbar für die von den  Theaterleuten verteilten „Pannen-Ponchos“ mit Kapuze, die vor Regen schützen sollen.

Bild: Großartiges Theaterspiel auf dem Springer Marktplatz. Shakespeare pur.

Was dann folgt, ist wie angekündigt in der Tat ein „Furiosum für drei Schauspieler“.

Das Stück „Shakespeares sämtliche Werke, leicht gekürzt“ der drei Kanadier Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield, 1987 in England uraufgeführt, hat Kultstatus.

Der gesamte Shakespeare, immerhin 38 Theaterstücke, 154 Sonette, 1834 Rollen und 120 Stunden Aufführungszeit, kondensierte das Trio vom Theater für Niedersachsen (TfN) auf gut 70 Minuten.

Bei gerade mal 11 Grad Außentemperatur heizen Senior Dieter Wahlbuhl und die beiden jungen Akteure, der gertenschlanke Moritz Nikolaus Koch, dessen Stimme wie die von Til Schweiger klingt, jedoch ohne Nuscheln, und der beleibtere Dennis Habermehl dem begeisterten Publikum ordentlich ein.

„Zurück zu den Wurzel des Theaterspiels, das war die Grundidee“, erklärt TfN-Intendant Jörg Gade.  „Uns interessierte die Frage, was uns an Unterhaltung eigentlich bleibt, wenn alle Apparate weg sind. Gehen wir dann alle kellnern?“ Konsequenterweise verzichten die Schauspieler auf Stimmverstärkung, spielen Shakespeare „unplugged“, gratis, mit viel interaktiver Publikumsbeteiligung.

Das Spiel gerät zu einer Liebeserklärung an die Bretter die die Welt bedeuten: da wird „Titus Andronicus“ in ein bluttriefendes Kochstudio verlegt, verirrt sich „Othello“ in die Figur des „größten Feldherrn aller Zeiten“, und muss wegen mangelnder „political correctness“ mit Gewalt von der Bühne gezogen werden, da münden die als Fußballspiel inszenierten „Königsdramen“ ein in ein ultimatives „Zieht den Bayern die Lederhosen aus!“, und da rührt der nach viel Bitten seiner Mitspielern von Dennis Habermehl dann doch ganz ernsthaft vorgetragene Hamlet-Monolog zu Tränen.

„Auch wenn´s  regnet, wir spielen, solange da noch jemand sitzt“, so Jörg Gade. Doch an diesem Abend geht keiner.

„Das ist eben Shakespeare pur, vom Theaterkarren herunter gespielt, quer durch die Fußgängerzone, und mit Einbeziehung des Publikums. Derb, frech, und mit wie bei Shakespeare üblich ziemlich respektlosen Mittel“, erläutert Gade.

Auf die Bühne gezogen wird auch die Springerin Andrea Haberstroh. Sie bekommt einen Helm verpasst und wird Teil der grandiosen Hamlet-Verulkung.

Theaterzauber pur, das schaffen eben nur die Magie des großen Dramatikers und die Qualität exzellenter Schauspieler. Chapeau und da capo!

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