Horst Schroth „Was weg ist, ist weg“
Horst Schroth „Was weg ist, ist weg“
Sonntag, 01. Dezember 2013
„Wann holt der bloß mal Luft?“ fragte sich ein höchst amüsiertes und exzellent unterhaltenes Publikum in der rappelvollen Sumpfblume angesichts des gigantischen Redeschwalls des Hamburger Kabarettisten Horst Schroth.
Bild: Horst Schroth – atemlos und amüsant in der Hamelner Sumpfblume
Der stürmte mit angekokeltem Laptop auf die Bühne und startete ansatzlos sein furioses Redespektakel. Wo viele seiner Kollegen erst einmal mit dem Publikum warm werden müssen, da gibt der kleine, kahlköpfige Mann im dunklen Anzug gleich Vollgas, redet ohne Unterlass bis zur Pause genau 60 Minuten: nonstop, atemlos, außergewöhnlich.
Seine scharf beobachteten und tiefgründigen Geschichten um das abgefackelte Auto, seinen Freund Frankie, einen wohlhabenden Hamburger Notar, den trotz „begehbarer Brieftasche“ die Lebensangst gepackt hat, die in die Jahre gekommenen Autonomen, die Frankies Feier sprengen, all das ist passgenau auf die Erfahrungen des etwas in die Jahre gekommenen Publikums abgestimmt. Ob nun Schroths Anmerkungen über das Sauerland, Frankies sehr viel jüngere Freundin, einer Katalogschönheit aus Russland, oder einfach nur herrlich alberne, aber sehr amüsante Abschweifungen zum Thema „Was machen Damen auf gleichnamigen Toiletten?“, alles gerät in Schroths Rede-Tsunami zu einer donnernden Welle intelligenten Humors.
Dabei sind Plattheiten nicht sein Ding, verbergen sich hinter all dem Wortgeklingel durchaus ernste Themen. Schroth schafft es, das Thema „Alzheimer“ ebenso humorvoll wie behutsam zu verpacken wie eine grotesk-komische Parkplatzsuche in Bielefeld oder den Kinderwagen schiebenden alten Herrn. „Nein, das ist nicht der Opa, das ist der Vater! DOBY, Daddy old, Baby young“, witzelt Schroth und hat gleich eine ganze Latte von Beispielen parat: von Christian Wulff bis zu TV-Bastel-Opa Jean Pütz.
„Verlustangst? Irgendwie verlieren wir doch alle mal was: Geld, Liebe, na und die Jugend von Natur aus sowieso“, sinniert Schroth, und führt unsere Ängste ad absurdum.
So erweist sich Frankies „Lebenszeitrechner“ als Sackgasse. Am Ende wird deutlich, was wirklich zählt: Treue zu sich selbst und der Humor.
Der rastlose kleine Mann, der sich an diesem Abend als eine Art Louis de Funès des Wortes entpuppt, arbeitet schon am nächsten Programm. „Alles sorgfältig am Schreibtisch geplant und auswendig gelernt“, verrät er. „Null Fehler“, soll es heißen, und wieder wird es um Erinnerungen gehen. Diesmal um die eines frustrierten Alt-68er-Pädagogen. Man darf sich darauf freuen.