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Hannes Wader – heute hier, morgen dort …

Hannes Wader – heute hier, morgen dort …

Dienstag, 25. November 2014

WebWader„Natürlich ist das auch Polit-Nostalgie, warum auch nicht. Wir sind ein Jahrgang und er ist doch ein verdammt toller Revoluzzer, oder?“ schwärmt die ältere Dame mit der grauhaarigen Lockenmähne. In der Tat genügt Hannes Waders klassisches Eröffnungslied „Heute hier, morgen dort …“, um das Publikum im fast ausverkauften großen Haus in Begeisterung zu versetzen. Erinnerungen liegen in der Luft: an Schüler- und Studentenrevolte, Anti-Vietnamkriegs-Demos, an APO, SDS und den roten Punkt in Hannover, Radikalenerlass und Friedensbewegung. „Der hat mein Leben begleitet“, sagt eine Mutter, die sich zum Geburtstag die Begleitung ihres Sohnes gewünscht hat. Der kann zwar mit Algerien-, Vietnam- und Indochinakrieg wenig anfangen, findet aber „die sozialkritischen Texte gar nicht schlecht.“

Bild: Hannes Wader bei seinem Auftritt im Theater Hameln

Sicher, die Zeiten, da Wader seine Konzerte mit dem Absingen der Internationale beendete, sind längst Geschichte. „Man verändert sich“ heißt eine Zeile aus seinem Titel „So wie der“, mit dem er den zweiten Teil des Abends einleitet. Ein altersmilder Hannes Wader? Vielleicht, denn seine Texte sind nachdenklicher, melancholischer, weiser geworden. Doch seiner Herkunft als Sohn eines Landarbeiters und einer Putzfrau ist er treu geblieben. Mag sein, dass es die klassische Arbeiterklasse nicht mehr gibt, und auch ein Blick ins Publikum zeigt, dass die Verbürgerlichung offenbar obsiegt hat, doch was bleibt, ist die tiefe Verbundenheit mit den Benachteiligten, den Schwachen und Entrechteten. Dass Waders uneingeschränkte Solidarität ihnen immer gelten wird, spürt das Publikum.

Geblieben ist auch Waders ungebrochen scharfer Blick auf alles, was aufrechten Demokraten ein Dorn im Auge sein muss. Den hinter scheinbar ländlicher Idylle verborgenen menschlichen Abgründen hält er das „Die Gedanken sind frei“ der Revolutionäre von 1848 entgegen, klar und kompromisslos. Und den sich allmählich nähernden Gedanken an Testament und Patientenverfügung im „Lied vom Tod“ begegnet der 72-jährige Barde mit einem Lob aufs Singen. Aber sie blitzt noch durch, die alte Kampfkraft, beim Lied vom Deserteur und anderen Klassikern der Antikriegslyrik. „Vorbei ist vorbei, so bleibt mir doch die Erinnerung daran“, singt er. Nostalgie? Na wenn schon. Was Hannes Wader da besingt, ist aktueller denn je. Und wie zur Beschwörung singt das ganze Haus dann gemeinsam die ultimative Hymne der Protestbewegung von damals „Sag´ mir wo die Blumen sind“. Ein starkes Finale eines zutiefst bewegenden Abends.

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