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Zukunftsforum Bakede

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Dienstag, 05. Mai 2015

WebDorf1Zu wenig Kinder, jugendliche Schulabsolventen gehen weg und kommen nicht wieder. Droht eine Grundschulschließung? Eine Vergreisung der dörflichen Bevölkerung? Wird das Freibad überleben? Muss etwa die Dorfkneipe schließen?
Verunsicherung und Zukunftsängste sind allenthalben groß. Auch in Bakede, Egestorf und Böbber. Grund sich angesichts der strukturellen Veränderungen Gedanken über die Zukunft der ländlichen Lebensform zu machen. Der Bakeder Ortsbürgermeister Rolf Wittich hat deshalb ein „Zukunftsforum“ auf den Weg gebracht. Bessere Vernetzung der Vereine und damit eine Stärkung des dörflichen Selbstbewusstseins sind seine erklärten Ziele.

Bild: Was wird aus unseren Dörfern? Das fragen sich Prof. Gerhard Henkel (li.) und der Bakeder Ortsbürgermeister Rolf Wittich

Zum Auftakt des Projekts stellte jetzt der als „Dorfpapst“ bekannte Wissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Henkel von der Universität Duisburg-Essen sein „Fitnessprogramm für die Dörfer“ vor.
Ein Thema, das zur Freude von Wittich und seiner Mitstreiter sehr großes Interesse findet, denn der Dorfgemeinschaftsraum in der Bakeder Grundschule quoll über von Bürgerinnen und Bürgern, und auch Kommunalpolitiker sowie Vertreter aus Wirtschaft, Vereinen und Kultur wollten Henkels Ratschläge hören.
Für den Geografieprofessor ist die kommunale Gebietsreform der ultimative Sündenfall, der die Krise des ländlichen Raums mit verursacht hat. Deren Erscheinungsformen sind ebenso vielfältig wie offensichtlich: Verlust traditioneller Wirtschaftspotenziale, Landflucht von Schulabsolventen, zu wenig Netzwerke zwischen Vereinen, Behörden und Verwaltung, immer mehr Immobilienleerstände, und vor allem ein mangelhaftes Selbstbewusstsein der Bürger. Eigentlich unverständlich, so Henkels, halte man die Aktiva des Landlebens dagegen. Naturnähe, dichte und intakte soziale Beziehungen, gar ein höheres Bildungsniveau als in den Städten, und auch eine höhere Lebensqualität und Zufriedenheit sprächen für den ländlichen Lebensstil.
„Der Begriff ´Landei´ hat eine neue, positive Bedeutung bekommen“, stellte der Experte fest, der sich vehement gegen die zunehmende Zentralisierung und Fernsteuerung der Lebensprozesse auf dem Land durch die überregionalen Metropolen wandte. „Die Dörfer plattmachen, sie sich selbst überlassen, gar gezielte Wüstungen organisieren, das ist eine Horrorvision“, kritisierte Henkel entsprechende Pläne, und hielt sein „Je kleiner, desto besser“ dagegen.
WebDorf2„Sie müssen sich selber helfen, und das geht auch“, riet Henkel, und zeigte an Fallbeispielen Wege zum neuen Selbstverständnis der Dörfler auf. Die „Bürgerkommune“ werde den lenkenden, als Dienstleister und Unternehmer fungierenden Staat ablösen müssen, so seine Hauptthese. Das Konzept „der Bürger als Kunde“ sei nicht länger tragfähig und werde durch das des „Bürgers als Partner“ abgelöst.Den Vereinen komme dabei besondere Bedeutung zu. „Wir müssen begreifen, dass es um Mitmach- und Anpackkultur geht. Davon allein wird die Zukunft der Dörfer abhängen.“
Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen, Identifikation herstellen, Ortskerne revitalisieren, Infrastruktur sichern, das Vereinsleben durch Bürgervereine reformieren und auffrischen, so einige der Ratschläge, die bei den Zuhörern größten Anklang fanden.
Teile der Diskussion zeigten aber auch wie tief die Sorgen sitzen und dass noch immer Vorurteile und Misstrauen einiger Bakeder gegenüber der Kernstadt vorhanden scheinen. Der Mehrheit jedoch war klar, dass es nicht nur um Freibad und Grundschule, sondern um die Zukunft des gesamten ländlichen Raumes weit über die Kirchturmsperspektive hinaus geht. Henkels Vortrag hat dabei den Weg bereitet für ein entschlossenes „Wir packen das“, mit dem das Bakeder Zukunftsforum jetzt in Arbeitsgruppen Einzelthemen in Angriff nehmen wird.

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