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Eine Reise ins Land der Rett-Mädchen

Eine Reise ins Land der Rett-Mädchen

Dienstag, 09. Februar 2016

WebLeslDas Rett-Syndorm ist eine rätselhafte Krankheit, die nur Mädchen befällt, und die sehr schwer erkennbar ist. So wie bei Marion, der in Kalifornien lebenden Schwester der bekannten Schauspielerin Leslie Malton. Die ist auch in Bad Münder aufgrund mehrerer Auftritte im „Schaafstall“ überaus populär, und hatte sich sofort bereit erklärt, auf Einladung der münderschen Buchhändlerin Dudo Wanderer aus ihrem Buch „Brief an meine Schwester“ zu lesen.


Dass Marion am Rett-Syndrom leidet, erfährt ihre Schwester erst spät. Jahrelang hatte sie geglaubt, eine Infektion in früher Kindheit hätte die Schwester angesteckt und sie selbst für deren Behinderung verantwortlich gemacht. Nun ist sie mit der Wahrheit konfrontiert und doch bleibt trotz aller Erleichterung die Frage: „Warum Marion, warum nicht ich?“
Eine Schädigung des männlichen X-Chromosoms des Vaters ist Ursache für die Behinderung. Die sei neben anderen Anzeichen etwa durch das typische „Händewringen“ erkennbar und könne bis zum gänzlichen Verlust der Sprache reichen, so der Chefarzt des Kinderkrankenhauses auf der Bult in Hannover, Prof. Hans-Jürgen Christen. Der Mediziner war neben mehr als 100 weiteren Gästen ebenfalls zu Leslie Maltons Lesung im Egestorfer „Schaafstall“ gekommen.
Entstanden ist das Buch aus gut 26 Stunden Interviewmaterial, das Roswitha Quadflieg, die Tochter des Schauspielers Will Quadflieg, mit Leslie Malton geführt hat.
Es ist eine Reise in die Vergangenheit mit stark autobiografischen Zügen, die sich in Begegnungen mit der behinderten Schwester spiegeln. Eine psychologisch sehr differenzierte Einsicht in das, was wir Normalität nennen und die Tatsache, dass Abweichungen, körperliche und geistige „Behinderungen“ oft nur durch haarfein entfernt von der vermeintlichen Normalität liegen.
„Vollkommenheit ist Blasphemie“. Ein Satz in Maltons Buch, der sich einbrennt, und deutlich macht, wie notwendig Aufklärung über Behinderung in einer Zeit der Verabsolutierung körperlicher Perfektion ist.
Das Buch der 1958 in Washington geborenen Diplomatentochter, die heute, mit dem Schauspieler Felix von Manteuffel verheiratet, in Berlin lebt, hat die Tür zur Reise ins Land der Rett-Mädchen aufgestoßen.
Einfühlsam und berührend macht Roswitha Quadfliegs und Leslie Maltons Text deutlich, wie die Entwicklungsstörung der Schwester auch Leslies Leben verändert hat.
Die ist heute als Botschafterin der „Elternhilfe für Kinder mit Rett-Syndrom in Deutschland“ unterwegs und nutzt ihre Popularität zur Information über die nach dem Down-Syndrom zweithäufigste Behinderung. Dass die Geschichte einer selbstlosen Schwesternliebe über Ozeane und Behinderung hinweg die Herzen der Zuhörer fand, wurde auch in der sich anschließenden intensiven Diskussion mit dem Experten Hans-Jürgen Christen deutlich.

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