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Eine Zensur findet nicht statt

Eine Zensur findet nicht statt

Donnerstag, 04. April 2019

Hass, Gewalt, Kriegsverherrlichung, politischer Extremismus, Pornografie – Themenbereiche zu denen heute fast jeder via Internet nahezu ungehindert Zugang findet. Angesichts von „fake news“ und politischer Indoktrination scheint die Debatte über Gewalt in Computerspielen fast schon antiquiert. Für den Freien Deutschen Autorenverband hat dessen Mitglied, der Pädagoge, Historiker und freie Journalist Christoph Huppert, seit 2004 die Aufgabe übernommen, als Besitzer im 12er-Gremium der im Familienministerium in Bonn angesiedelten „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) unterschiedlichste Medien zu sichten und unter dem Aspekt des Jugendschutzes zu begutachten.

Herr Huppert, mit welchen Medien befasst sich die Bundesprüfstelle?

 

Die Prüfstelle ist zuständig für sämtliche Printmedien wie Bücher, Zeitschriften, Flugblätter, Plakate, Kaufhauskataloge, allerdings nicht für Tageszeitungen, dann für Tonträger, also CDs, Kassetten usw. und auch für Bildträger, DVDs, Videofilme sofern die nicht von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, der FSK, eine Kennzeichnung erhalten haben, und dann für den großen Bereich der Computerspiele und des Internet. Entschieden wird darüber, ob so ein Medium in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufgenommen wird. Diese Entscheidung fällt in insgesamt vier 12er-Gremien, in denen Vertreter der Länder und gesellschaftlich relevanter Gruppen vertreten sind.

Nun geht es beispielsweise in der aktuellen Diskussion um das Thema Computerspiele und Gewalt, was sind denn da die Kriterien, um eine Indizierung vorzunehmen? 

Eins vorab. Die Bundesprüfstelle ist keine staatliche Zensurbehörde. Das Grundgesetz regelt: Eine Zensur findet nicht statt. Und das ist gut so. Es geht also ausschließlich um die Belange des Jugendschutzes. Erwachsenen steht der Zugang zu indiziertem Material natürlich auch weiterhin offen, soweit das nicht strafrechtlich relevant sind. Die Indizierung wird im Bundesanzeiger veröffentlich. Wenn keine Straftat vorliegt und die Sache an die Staatsanwaltschaft geht, dann treten ganz bestimmte Abgabe-, Präsentations-, verbreitungs- oder Werbebeschränkungen in Kraft. Wichtig ist, und dabei spielt der FDA eine wichtige Rolle, dass immer die Wahrung der Grundrechte etwa auf Freiheit der Kunst oder der Meinungsfreiheit gegen den Jugendschutz abzuwägen ist.

Was sind denn die konkreten Kriterien nach denen beispielsweise bei Computerspielen entschieden wird?

Zum einen wird indiziert, wenn Gewalt etwa als spieldominierende Handlung angeboten wird und Gewalttaten gegen Menschen deutlich visualisiert sind, also zerberstende Körper, blutende Wunden, Todesschreie usw., aber auch wenn der Waffengebrauch sehr aufwändig inszeniert wird. Ein weiter Indizierungsgrund ist ein zynischer oder vermeintlich komischer Kommentar einer Gewalttat oder die Tatsache, wenn das Töten durch Gewaltanwendung belohnt wird, z.B. durch Punktgewinn. Das Jugendschutzgesetz definiert schwer jugendgefährdende Medien als Gewalt verherrlichende oder verharmlosende Medien, die Gewalt in einer die Menschenwürde verletzenden Form darstellen.

Wie sehen denn die Konsequenzen konkret aus?

Grundsätzlich gilt, dass indizierte Medien Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden dürfen. Sie dürfen nur in Ladengeschäften gewerblich vertrieben werden, die Jugendlichen nicht zugänglich sind. Es gilt ein Werbeverbot, Filme dürfen im Fernsehen erst spät nachts gezeigt werden, die Medien dürfen nicht in Büchereien stehen, an Kiosken und Tankstellen oder im Versandhandel vertrieben werden. Eine wichtige Ausnahme aber ist das Elternprivileg: Eltern dürfen solche Medien ihren Kindern zwar zugänglich machen, müssen aber aufpassen, dass sie ihre Erziehungspflicht dabei nicht grob verletzten.

Reichen die bisherigen Regelungen aus oder brauchen wir eine Verschärfung?

Ich bin der Meinung, dass die Bestimmungen des gesetzlichen Jugendmedienschutzes völlig ausreichen. Was nicht ausreicht, ist der pädagogische Jugendmedienschutz. Wir brauchen eine deutlich intensivere Medienkompetenz vor allem auf Elternseite. Eltern müssen einfach besser wissen, wie sie ihr Kind vor problematischen Inhalten schützen. Aufklärung also statt Verbote, die ohnehin nicht nutzen. Und einfach mit offenen Augen durch die Medienlandschaft gehen und sich nicht scheuen, bei Medien, von denen man meint, sie gehörten verboten, sich an Polizei oder besser noch das Jugendamt wenden und die um einen Antrag bei der Bundesprüfstelle bitten. Es lohnt sich auf jeden Fall. Auch hier gilt hinschauen statt wegschauen, denn es ist die Gleichgültigkeit, die der Gewalt den Weg ebnet. Außerdem empfehle ich einen Besuch der Internetseite der Bundesprüfstelle.

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