Aktionsbrot erinnert an alten Pastor
Aktionsbrot erinnert an alten Pastor
Freitag, 26. Juli 2019
Nichts erinnert an ihn. Kein Straßenname, kein sonstiger Hinweis. Es scheint, als sei Johann Heinrich Friedrich Schlotheuber (30.7. 1789 – 12.01.1866) an seiner ehemaligen Wirkungsstätte in völlige Vergessenheit geraten. Dabei ist der berühmte Botaniker, der von 1816 bis 1865 in Flegessen als Pastor wirkte, eine andernorts durchaus berühmte Persönlichkeit. Elke Hundertmark-Sagawe hat sich intensiv mit Schlotheuber, der am 30. Juli seinen 230 Geburtstag feiert, beschäftigt. „Nach seinem Studium in Göttingen war er zunächst Hauslehrer bei den Stietenkrons in Hameln, wo er auch Georg Pflümer kennenlernte“, berichtet die 64-Jährige. In Hameln erinnert ein „Pflümerweg“ an Schlotheubers Zeitgenossen. Lange Zeit verschollen war auch Schlotheubers Herbarium, das über 35000 Arten umfassen soll. Hundertmark-Sagawe: „Mitte des 19. Jahrhunderts war das Sammeln, Trocknen und Pressen sowie das Bestimmen der Pflanzen ein praktikables bildgebendes Verfahren für den Naturkundeunterricht. Die Fotografie gab es ja noch nicht.“
Hundertmark-Sagawe hat das Herbarium, das 1865 aus dem Nachlass Georgs V. gekauft, 1866 der Naturhistorischen Gesellschaft zu Hannover geschenkt und dann mehrfach den Besitzer gewechselt hatte, in Hamburg wieder ausfindig gemacht.
Zur Erinnerung an den berühmten Flegesser hat sich Elke Hundertmark-Sagawe außerdem etwas Besonderes einfallen lassen. „Wir wollen mit einem Brot aus Urgetreide aus regionalem Anbau an Schlotheuber erinnern“, sagt sie. Gebacken wird das Brot vom örtlichen Bäcker Friedhelm Schmidt. „Da sind Urroggen auch Waldstaudenroggen genannt, und Dinkel drin“, erklärt der. Zwar sei der Ertrag gegenüber herkömmlichem Roggen um etwa 50 Prozent geringer und die Körner wesentlich kleiner, doch enthält das Urgetreide mehr Mineralstoffe als der sonst übliche Roggen. „Den Waldstaudenroggen hat Frank Rinne auf gut einem Hektar im Stöckerfeld in Krückeberg angebaut, geerntet und in seiner Bannsieker Mühle in Zersen frisch gemahlen“, berichtet Hundertmark-Sagawe. Für das Schlotheuber-Aktionsbrot hat er 50 Kilo seines regionalen Urgetreides reserviert.
Friedhelm Schmidt backt das Brot auf Bestellung ab 20 Broten als Mischbrot auf traditionelle Art und Weise. „Mit Füßen wie zu Schlotheubers Zeiten allerdings darf der Teig heute aus hygienischen Gründen nicht geknetet werden“, sagt Hundertmark-Sagawe. Als Geschmacksverstärker nutzt Schmidt eingeweichtes, altes geröstetes Brot. „Die Röststoffe der Rinde geben den besonders kräftigen Geschmack“, sagt er.
Das Salz im Brot stammt aus Göttingen. „Dort wird es aus der einzigen Saline in Europa als Tiefensalz aus 490 Metern heraufgepumpt und gesiedet“, erklärt Hundertmark-Sagawe. Mitte des 19. Jahrhunderts habe Schlotheuber entdeckt, dass in Göttingen über dem urzeitlichen Meer salzhaltige Pflanzen wuchsen.
„Saatgut ist Kulturgut“, stellt Hundertmark-Sagawe fest. „Es wäre wünschenswert, wenn nicht nur Schlotheuber wieder in die Erinnerung zurückgerufen, sondern auch alte Getreidesorten verstärkt angebaut und verstärkt nachgefragt würden. Das schont Boden und Gewässer.“ Und dass das Schlotheuberbrot besser schmeckt als industrielles Supermarktbrot, davon sind die Initiatoren der historischen Brotkreation überzeugt.