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Lautpoetik

Lautpoetik

Sonntag, 06. Juni 2010

dadaweb„Das ist kein Düddeldau-Ständchen, sondern hammerharte Arbeit. Wir tragen Hochkultur in die Vereine und Verbände“, so Eckhart Liss vom Verein „Kunst und Begegnung Hermannshof“. Seine Idee: den niederländischen Lautpoeten, Komponisten, Performer und Schwitters-Interpreten Jaap Blonk dazu zu bewegen, ein lautpoetisches Stück für Laienchöre aus Springe und Umland zu schreiben. Gesagt, getan. Blonk setzte den im September erteilten Auftrag prompt um und legte unter dem Motto „Klänge, die Springe sprengen“ eine „lautpoetische Räubergeschichte für gemischten Chor“ vor.

Das Projekt wurde  im vergangenen November schon vorab durch das von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung geförderte „Musikland Niedersachsen“ mit dem „Förderpreis Musikvermittlung“ ausgezeichnet.

Einen Tag vor der Uraufführung anlässlich der Niedersächsischen Chortage in Hameln herrschte bei der Voraufführung dichtes Gedränge rund ums „Haus im Park“. Sängerinnen und Sänger des Gesangvereins Augusta 1887 aus Völksen, Kinder der Grundschule Altenhagen und der Musikschule Springe sowie zahlreiche weitere Chorsänger aus Springe und der Region Hannover fieberten ihrem Auftritt entgegen.

Schon Jaap Blonks vorangehende „Einführung in die Lautpoetik“ geriet zu einem Riesenerfolg. „Ich hätte nie gedacht, dass das so interessant und unterhaltsam sein kann“, gestand ein Schwitters-unkundiger Besucher. Gestenreich und mit starker Mimik präsentierte Blonk, von Lachsalven der Kinder und spontanem Applaus der Erwachsenen begleitet, Schwitterssche und andere Dada- Lautkonstrukte.

Dann aber schlug die Stunde der lautpoetischen Räubergeschichte um das Schicksal der schönen Röse, in der die Chöre aufzeigten, dass sich in der Topografie des Altkreises Springe unerwartet viel lyrische, vor allem aber lautpoetische Qualitäten verbergen. Wortlaute und – klänge von allen Besuchern geläufigen Flur-, Straßen- und Ortsnamen wurden verfremdete Bestandteile expressiver Texturen und Lautimprovisationen. Begeisterte Zustimmung allenthalben, nicht nur bei Blonks Feststellung: „Das ist ja zum Brullsen.“

Höhepunkt choristischer Leistung war sicherlich der Sängerwettstreit um die Behauptung „Die Kattlöcher sind (nicht) schuld an den Rottekuhlen.“ Ein Text, der mit meisterhafter gesanglicher Präzision in seine einzelnen, konsonantischen Bestandteile zerlegt wurde.

Chorleiterin Tamara Gliserin hatte ganze Arbeit geleistet, mit ihrem Chor nicht nur reizvolle Improvisationen entworfen, sondern zudem die Spezialzeichen der Blonkschen Partitur präzise umgesetzt.

Eckhart Liss und der Vereinsvorsitzenden Dr. Martin Beyerdorfer freuten sich am Ende nicht nur über die Fördermittel des Landes, der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der Stadt Springe, sondern vor allem darüber, dass das Hauptziel, die Einbeziehung des Ortes, erreicht wurde. Wieder einmal. Nach dem Traktorkonzert 1999, Lux Aeterna, der Höllenfahrt im Freiballon, Musik aus 1000 Fenstern und March Movie, hat der Springer Landmann diesmal Kurt Schwitters und die Dada-Poetik entdeckt. Na, wenn das nicht „zum Brullsen“ ist.

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