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World Harmony Run

World Harmony Run

Sonntag, 20. Juni 2010

whrwebDie Organisation klappt stets generalstabsmäßig. Auch in Bad Münder. Sonntag kurz vor 12 Uhr näherte sich die kleine, von zwei Kombis eingerahmte Läufergruppe dem Rathaus, wo sie von einigen ganz in rot gekleideten Mitgliedern des „Lauftreffs“ erwartet wurden. „Was genau geplant ist, wissen wir noch nicht, nur, dass wir die Möglichkeit haben, einige Kilometer bei einem Fackellauf für den Frieden mitzulaufen“, so Lauftreff-Chef Detlef Erasmus. GeTour und Stadt hätten auf diese Termin aufmerksam gemacht.

Was folgte, war die perfekte Inszenierung eines schon viele Male absolvierten Ablaufs: Begrüßung, Fackelübergabe und Geschenkeaustausch zwischen Dipavajan Renner, dem 44-jährigen Europa-Koordinator des „World Harmony Run“ und in diesem Fall dem stellvertretenden Münderaner Bürgermeister Hans-Ulrich Siegmund.

Mit dem im Zweijahresrhythmus durch alle Kontinente führenden, durch zahlreiche internationale Teams durchgeführten Fackelläufe solle, so Laufkoordinator Eckehard Schröder aus Bielefeld, „für weltweite Harmonie und Frieden“ eingetreten werden. Der Sparkassenangestellte stellt klar: „Wir arbeiten für den Frieden, fördern die innere Harmonie der Menschen, die im Herzen anfängt. Die wollen wir weitergeben, wollen andere anstecken, vor allem Kinder und Schulen für unsere Ziele gewinnen.“

Der europäische Zweig des diesjährigen Laufes startete Ende Februar in Dublin und wird im September nach 24000 Kilometern durch 49 Länder in Moskau enden.

Initiator des Laufspektakels ist der im Oktober 2007 in New York an einem Herzinfarkt gestorbene neohinduistische Friedens- und Fitness-Guru Sri Chinmoy. Als selbsternanntes spirituelles Oberhaupt entpuppte sich Sri Chinmoy als Multitalent, das neben einem Bio-Laden-Wirtschaftsimperium und einem umfangreichen künstlerisch-spirituelle Gesamtwerk auch eine beeindruckende Sportskarriere in den Disziplinen Laufen, Gewichtheben und Schwimmen aufzuweisen hatte. Chinmoy propagierte einen Lebensstil, der nach dem Motto „kein Sex, kein Schlaf und nur Gemüse“ durch Askese, Meditation, sexuelle Enthaltsamkeit und Selbstdisziplinierung zur allgemeinen Erleuchtung führen soll.

Ein entsprechend kritisches Bild zeichnen Sektenexperten. Seit Jahrzehnten warnen sie vor den Aktionen der Jünger des Gurus, die mit ihren Konzerttourneen und Fackelläufen offenbar immer wieder neue Mitglieder werben. Die Gefahr, in eine psychische Abhängigkeit der weltumspannenden Bewegung zu geraten sei groß, warnte nicht nur der Dortmunder Pfarrer und Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche in Westfalen, Rüdiger Hauth anlässlich so genannter Gratis-Friedenskonzerte.

Auch Ex-Mitglieder der Gruppe um Chinmoy formulieren harsche Kritik am Meister: „Im Wesentlichen wird man dazu angehalten, sein Alltagsleben streng an den Empfehlungen des Guru auszurichten. Nur so kann man zur Erleuchtung gelangen.“

Sri Chinmoy gelang es mit seinen Friedensaktivitäten jedoch immer wieder „viele Türen und Herzen“, vor allem prominenter Politiker, zu öffnen. Nachdem viele Erkundigungen eingezogen hatten, distanzierten sie sich allerdings. Auch in Bad Münder bleibt angesichts der professionellen Friedensshow der Chinmoy-Anhänger ein schaler Beigeschmack.

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