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Organspende II

Organspende II

Donnerstag, 25. November 2010

weborgkoffer„Frank Walter Steinmeiers Nierenspende an seine Frau hat dem Thema einen neuen Schub gegeben“, stellte der SPD-Ortsverbandsvorsitzende Axel Berndt fest. Dennoch blieb die Resonanz auf die Informationsveranstaltung, zu der SPD-Ortsverein und AWO-Gesundheitsdienste ins „Deutsche Haus“ eingeladen hatten, hinter den Erwartungen zurück. Völlig zu Unrecht, denn was Dr. Steffen Krautzig, Nierenspezialist und Transplantationsbeauftragter an der hiesigen Deister-Süntel-Klinik und die von ihm eingeladenen Betroffenen zu berichten hatten, eröffnete neue Sichtweisen auf ein in der Öffentlichkeit häufig verdrängtes Thema.

Rund 60000 Patienten müssen sich bundesweit derzeit wöchentlich dreimal einer bis zu fünf Stunden langen Dialyse unterziehen, etwa 2000 bekommen pro Jahr eine neue Niere transplantiert. 8000 Patienten jedoch stehen, zumeist mehrere Jahre, auf der Warteliste. „Das funktioniert wie beim Bausparvertrag, der irgendwann zuteilungsreif wird“, kommentierte Krautzig die Situation mit leichter Bitterkeit.

Auch der Diplom-Ingenieur Dieter Geisemeyer aus Stadthagen hat mehr als sechs Jahre auf ein Spenderorgan warten musste, erfreut sich nun aber wieder bester Lebensqualität. „Man kann ein aktives Leben führen und darf wieder fast alles essen“, so der energische 56-Jährige.

Walburga Bleibaum aus Bodenwerder hat ihrem Mann Horst eine Niere gespendet. „Das hat uns hinterher noch enger zusammengeschweißt“, erklärt die dynamische Geschäftsfrau.

Dabei sei der Eingriff auch heute noch alles andere als Routine, so der Einrichtungsleiter der Deister-Süntel-Klinik, Andreas Pryzkopanski: „Das ist keine Blinddarmoperation, sondern ein richtig schwerer Eingriff.“ Das von den AWO Gesundheitsdiensten betriebene Transplantationszentrum in Hannoversch-Münden, in dem jährlich rund 100 solche Eingriffe vorgenommen werden, rangiert auf der von der MHH angeführten Liste der 40 deutschen Transplantationszentren auf Platz drei.

Anschaulich und mit der Nüchternheit eines erfahrenen Mediziners informierte Dr. Krautzig über die vielfältigen medizinischen Hintergründe, und akzentuiert vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die regelt seit 1997 das „Transplantationsgesetz“, das eine „erweiterte Zustimmungslösung“ vorschreibt. Krautzig: „Zwei unabhängige Ärzte müssen den Hirntod feststellen, und auch bei Vorliegen eines Organspendeausweises müssen die Verwandten nochmals zustimmen. In jedem Fall soll Missbrauch verhindert werden.“

Gleich ob Lebend- oder Totspende, Deutschland liegt beim Spendeaufkommen im europäischen Bereich auf einem der hintersten Plätze. „In Österreich gilt die Widerspruchslösung, nach der jeder Spender ist, der nicht ausdrücklich widerspricht“, so SPD-Ortsverbandsmitglied Hans Müller. „Eine angesichts der in Deutschland derzeit geführten Diskussion wohl kaum zu realisierende Regelung“, erwiderte Krautzig.

So bleibt am Ende nur verstärkte Aufklärung und der Aufruf: „Nehmen Sie Ihre Organe nicht mit ins Grab, sondern schenken Sie als Organspender Leben an andere Menschen!“

Überschattet wurde die Veranstaltung vom Schwächeanfall eines Besuchers, der mit Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus gebracht wurde.

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