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Flatows „Männer“

Flatows „Männer“

Montag, 21. Februar 2011

Vox populi, vox dei. Volkes Stimme ist Gottes Stimme. In der Politik wie auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Und wenn die Quote stimmt, dann kann der um eine qualitative Einschätzung bemühte Kritiker schon mal in die Bredouille geraten. Schließlich sind Quote und Qualität nur selten deckungsgleich.

Die Quote jedenfalls stimmte. Ausverkauftes Haus beim Edel-Boulevard „Männer sind auch Menschen“, einer Fünf-Personen-Komödie in fünf Bildern aus der Feder der vielfach preisgekrönten Berliner Boulevard-Ikone, des mittlerweile 90-jährigen Professor ehrenhalber Curth Flatow. Der schrieb seinerzeit für Rosenthals „Dalli Dalli“, zeichnete für Juhnke-Mehrteiler ebenso wie für Serienerfolge wie „Ich heirate eine Familie“ verantwortlich. Curth Flatow, der Quotenkönig.

Und die Qualität? Über die ließe sich bei Flatows 2005 uraufgeführtem „Männer sind auch Menschen“ trefflich streiten. Auch in Hameln überforderte die überschaubare Handlung das durchweg 60-plus Publikum zu keinem Zeitpunkt, ließ im Gegenteil zielgruppengerecht ausreichend Zeit zur Erfassung sanft gesetzter, jederzeit antizipierbarer Pointen und hatte die beruhigende, Magen und Nerven schonende Wirkung eines Kännchens koffeinfreien Kaffees.

Der bietet – auch am späten Abend genossen – ebenso wenig Grund zur Schlaflosigkeit wie Horst Jansons Bemühungen um den Titelhelden Dieter Lichtenstein. Horst Janson ist und bleibt nun mal der langmähnige Lehramtsstudent aus Barbara Noacks 70er Jahre-Erfolgsserie „Der Bastian“. Der, sichtlich gealtert, schlurfte im schlabberigen Anzug über die Bühne, immer bedächtig und größere emotionale Ausbrüche meidend. Die hätten das sehr geneigte Publikum ohnehin nur verschreckt. Und das Charakterfach war bei Flatows seichtem Spaß am Abend ohnehin nicht gefragt.

Symptomatisch das Altherrengespräch zwischen Dieter und dem  Ex-Schulfreund Prof. Bruno Steguweit (Horst Schäfer): eine von fader Pointe zu fader Pointe dümpelnde Endlosszene, deren Altherrenwitze das Publikum ergötzten (oder verschreckten) und in der die Akteure den Slibowitz gleich literweise runterkippten.

Am Ende bekam jeder das, was er sich wünschte: das Theater mal wieder ein volles Haus, das amüsierwillige Publikum seine wohl verdiente Unterhaltung, und der Kritiker die Einsicht, dass Quote und Qualität gelegentlich nun wirklich zwei ganz verschiedene Paar Schuhe sind.

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