Familie Flöz mit „Teatro Delusio“
Familie Flöz mit „Teatro Delusio“
Freitag, 15. April 2011
„Glück gehabt“, sagen die Beinahe-Zuspätkommer und lassen sich in die Sitze der ersten Reihe plumpsen. Auf der Bühne werkeln nämlich noch drei Arbeiter, ein Radio plärrt, das Saallicht ist noch an und das Publikum schwatzt erwartungsfroh. Doch eigentlich hat das Stück längst begonnen.
Dann aber öffnet sich eine Tür, ein Donner zerreißt die Stille und die wortlose Welt hinter der Bühne erwacht zum Leben. An der Nahtstelle zwischen Sein und Schein finden sich die drei Bühnenarbeiter plötzlich als Masken tragende Akteure wieder. Drei liebenswerte, ganz unterschiedliche Typen, die das Herz der Zuschauer im Sturm erobern.
Gesprochen wird an diesem grandiosen Theaterabend kein einziges Wort, Masken und Körpersprache sind beredt genug, und das Publikum ergötzt sich in nahezu kindlicher Zuschaufreude an der schier unendlichen Fülle liebenswert gestalteter und gespielter Details: eine Geste, ein effektvoller Auf- und Abgang auf die verborgene Bühne hinter der Bühne. Deren Existenz verrät nur eine Geräuschkulisse: Publikumslachen, aufbrandender Applaus, eine Sportreportage zur Pause, dann wieder Opernarien. Viele fantastische Figuren finden den Weg zu den drei unentbehrlichen Helfern hinter der Bühne. Überwältigend schön wie fast ein ganzes Orchester nach und nach wie beiläufig hinter der Bühne auftaucht, oft nur für Sekunden wie der Paukist, dann wieder als Dauergast wie der verirrte und verwirrte erste Geiger.
Zwischendurch hängen die drei Bühnenarbeiter ihren Tagträume nach: ein verstecktes Lieblingstier wird gehätschelt, und der kleine dicke Chef träumt seine unerfüllte Liebe zur großen Operndiva. Doch hinter der Bühne werden auch aus gefeierten Opernstars normale Menschen, die sich nicht nur fortwährend in Stromkabeln verheddern, sondern auch in ihren ganz menschlichen Konflikten.
Man könnte diesem Mikrokosmos stundenlang zuschauen und immer wieder Neues entdecken, die Fechtszenen bewundern, all die großen und kleinen Komödien und Tragödien, die diese drei Helfer durchleiden, um am Ende wieder da zu landen, wo alles begonnen hat. Als reale Menschen nämlich, die sich über den tosenden Applaus und die Bravo-Rufe des Hamelner Publikums wundern. Der war sehr lang anhaltend und absolut berechtigt. „Vielleicht bis zur nächsten Spielzeit“, so einer der Akteure fast schüchtern. Unbedingt bitte.