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So bringt man dicke Bücher auf die Welt

So bringt man dicke Bücher auf die Welt

Freitag, 20. Mai 2011

„Traumhaft“, so der Kurzkommentar des Verlegers Dietrich zu Klampen zur über 600 Seiten starken  Traumtriologie „ES“ von Christof Wackernagel. Ein in der Tat außergewöhnliches Buch, in dem das ehemalige RAF-Mitglied Wackernagel die Träume während seiner zehnjährigen Inhaftierung protokolliert hat. Dietrich zu Klampen: „Seit 1978 hat er daran gearbeitet; es sind Nacht- und Tagträume, auch Halluzinationen, dreispaltig gedruckt im ungewöhnlichen Format 32 x 42, eine 4,2 Kilo schwere bibliophile Rarität. Erstauflage 100 Exemplare.“

Bild: Hans-Jürgen Vehse bindet Christof Wackernagels Traumtrilogie.

Wer druckt so etwas in wirtschaftlich vertretbarem Rahmen? Für den Völksener Verleger eine echte Herausforderung. „Im Zug unserer Suche haben wir Bad Münder als Hochburg der Druckerei im Deister-Sünteltal entdeckt und schätzen gelernt“, so der Verleger. „Hier ballt sich in verschiedenen Firmen hohe drucktechnische Kompetenz.“

Für zu Klampen ist die Herstellung des Folianten, der im August auf den Markt kommen soll, ein Beispiel für gelungenes „work- in-progress“, eine echte Gemeinschaftsarbeit der  „bookfactory“ (Digitaldruck), der Offset-Druckerei Wanderer, der GKS Siebdruck, die die Einbandpappen bedruckt hat, und der Feinbuchbinderei von Hans-Jürgen Vehse aus Hannover.

„Die durch Internet-Billigangebote verursachte Marktverschiebung hat uns gezwungen, neue Wege zu gehen“, erklärt Jochen Wanderer, Inhaber der Münderaner Traditionsdruckerei. Im Schwesterunternehmen „bookfactory“ an der Bahnhofstraße werden seit 2009 neue digitale Technologien genutzt, um jene Marktsegmente zu bedienen, deren Projekte infolge zu geringer Auflagen durch Massendruckereien nicht realisiert werden können.

„Das umfasst Broschüren, Fotobände, wissenschaftliche Publikationen bis zu Sonderanfertigungen wie dieser das ganze drucktechnische Spektrum“, so „bookfactory“-Geschäftsführer Danny Pfeifer. „Ein Wachstumsmarkt“, so Jochen Wanderers Einschätzung.

Wackernagels Vorlage wird digital aufs Papier gebracht. Zum Einsatz kommt ein Hightech-Druckmaschinenpark und es dauert nur knapp fünf Minuten bis die über 300 Blatt mit Wackernagels Träumen bedruckt sind, beidseitig mit dauerhaftem Polymer-Toner.  Gleich richtig sortiert spuckt sie der Drucker aus.

Dann schlägt Hans-Jürgen Vehses Stunde. Der Hannoveraner ist Buchbinder in der vierten Generation und „lumbeckt“ die Seitenstapel. „Das ist eine Art dauerhafter Klebebindung mit Buchbinderleim. Das hält, verlassen Sie sich drauf“, versichert Vehse.

Eine Nacht lang muss der Leim abbinden, dann werden der Pappeinband und die sechs Zentimeter starke rote Stoffrückseite angeklebt. Digitale Hightech-Drucktechnik  und traditionelle Handwerksarbeit gehen bei diesem Buchprojekt Hand in Hand. „Maschinell“, so Dietrich zu Klampen, „wäre das Buch so nicht zu binden.“

Über die drucktechnische  Gemeinschaftsleistung aus dem „Kompetenzzentrum Druck Bad Münder“ freut sich nicht nur der Verleger. „Bad Münder – hier bringt man dicke Bücher auf die Welt. Einfach traumhaft“.

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