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„So geht´s“ mit Jürgen von der Lippe

„So geht´s“ mit Jürgen von der Lippe

Sonntag, 22. Mai 2011

Klar, der Zahn der Zeit hat auch an ihm genagt: der Bart ergraut, die Haare gefärbt, doch im Kopf ist der Comedy-Altmeister offenbar so frisch wie eh´ und je. Das T-Shirt ebenso eine Nummer voluminöser wie sein Markenzeichen, das bunte Hemd, lieferte Jürgen von der Lippe mit erstaunlicher Konzentration und Kondition sein 2 ½ Stunden Programm „So geht´s“ in der fast vollbesetzten Rattenfängerhalle ab.

Bild: Weiß wie´s  geht – Jürgen von der Lippe

Und von der Lippe weiß, wie´s  geht. Glänzend sein Einfall, die Tücken des Alters selbst zum Thema zu machen und in einen „Comedy-Crash-Kurs für ältere, angehende Comedians und gleichzeitig als Lebenshilfe für Senioren im Allgemeinen“ einzubringen.

Der ältere Herr, der da oben auf der Bühne von links nach rechts tigert, ist ein schlagfertiger Plauderer („Ich erzähl´ bekloppte Sachen“), der, fernab jeglichen Mario-Barth-Präkariats-Gesülzes, seine Pointen genauso bedächtig wie effektvoll setzt. Die Themen sind bewährt und sitzen: Übergewicht, Frauen, Sex, Alkohol. Das Publikum amüsiert sich über Weisheiten wie „Abstinenzler leben kürzer“ und „Übergewichtige sind treuer“ oder – in Liedform – „Guter Rat ist teuer, aber keinen Pfennig wert“.

Intellektuelle Höhenflüge sind fehl am Platze, Hochfeuilleton und Rotweintrinker kriegen erbarmungslos ihr Fett ab.

Am stärksten ist von der Lippe, wenn er gut beobachtete Alltagsszenen verdichtet, das ausspricht, was das Publikum insgeheim denkt. Dann wird´s  mitunter bitterböse, wenn er über Kinder und Ehefrauen herzieht.

Aber auch mit seinen Liedern und Parodien zeigte sich der Comedy-Senior unverändert frisch, von Patina keine Spur: Das Spreewaldgurken-Lied, das Kühlschranklied à la Max Rabe, ein Schuss Volkstümliches mit Sepplhut und Jodler-Sound, und als Highlight die bärenstarke  „Rock´ n Rolator“-Nummer.

Sogar das allgemein zurückhaltende Hamelner Publikum brachte er wenn schon nicht zum Schunkeln so doch zum Mitsingen. Allerdings nur die Halberstädter Kathrin Oye wagte ein mutiges Saalsolo zu „Theo, mach mir ein Bananenbrot“.

Der Entertainer Jahrgang 1948 machte seinem Publikum erwartungsgemäß den Maffey, den Grönemeyer und den Lindenberg, brillierte mal als Rocker, dann wieder als Priester und  nachttopfbewehrter Alpträumer. Von der Lippe, der „best ager“, beherrscht Stimm-, Ton- und Stimmungslagen, setzt die Pointen kurzer Witze (auch Kalauer) ebenso professionell wie die längerer Glossen. Selbst die Werbung für sein neues Buch gerät zum verbalerotischen Vergnügen.

Ja seht, „so geht´s“ möchte man manchen seiner jüngeren  Kollegen, die sich gnadenlos auspochern, zurufen. Erfahrung, solides Handwerk, die Liebe zur Sprache und zum Publikum sind wohl Bestandteile seines anhaltenden Erfolges. Ja, so geht´s, der alte Herr von der Lippe hat´s uns mal wieder vorgemacht. Chapeau.

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