Birte Gäbel hält durch
Birte Gäbel hält durch
Samstag, 28. Mai 2011
„Birte und der alltägliche Wahnsinn“, so heißt ihr Programm eigentlich. Diesmal aber schlug der alltägliche Wahnsinn in Form einer schweren Grippe zurück. „Wir standen kurz vor dem Abbruch“, so Birtes Vater, der Bakeder Grundschulrektor Hartmut Gäbel. „Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen“ lernen dessen Schülerinnen und Schüler schon in der ersten Klasse, und auch die Künstlerin beherzigte diesen Merkspruch.
Im gut besuchten Martin-Schmidt-Konzertsaal präsentierte die sichtlich angeschlagene Musikerin ihren Fans im ersten Teil einige ihrer bekannten Titel wie „Kennst Du das auch?“ oder den Song über „Sonne und Schatten“. Doch die gewohnte Spritzigkeit durfte man an diesem Abend nicht von ihr erwarten, und so litt man eher mit der Sängerin, die in einem Song feststellte: „Mir geht es mies / warum immer ich? / das ist fies“.
Birtes Schwester Anne-Britt und Lena Jeschke waren als Backgroundsängerinnen bemüht, die Leidende am Keyboard nach besten Kräften stimmlich zu unterstützen, doch hatten sie einen schweren Stand, da der Sound eher auf eine kleine Clubatmosphäre als auf einen weitläufigen Kammermusiksaal abgestimmt war.
Das aber tat der Freude des Publikums keinen Abbruch, und so stürmten die Grundschüler mit Elan auf die Bühne, um ihren bei einem einwöchigen Workshop einstudierten Song „Ich trag´ die Sonne im Herzen“ zu präsentieren. Das mitgerissene Publikum blies lustbetont in von der Band verteilte „Luftrüssel“, sparte nicht mit Applaus und zerriss mit Freude bei einem gemeinsamen Lied die auf den Plätzen ausgelegten Einkommenssteuerformulare. Als die in Schnipselform niederregneten, stellte sich, Grippe hin oder her, ein echtes Happening-Gefühl ein, die Akteure hatten den alltäglichen Wahnsinn wieder eingeholt.
„Keine Sorge, Claudio fegt, der wird 30 und ist unverheiratet“, kommentierte Birte Gäbel das Geschehen, zog sich zurück und überließ Set 2 des Abends Claudios Bruder Simon Becker-Foss, der mit seiner Band „Atmospheres“ für beigeisternden modernen Experimental-Jazz sorgte. Der war vielleicht nicht immer nach dem Geschmack der Grundschul-Kids, doch Jazz-Kenner waren über diese Spielart des Becker-Foss Jazz-Wahnsinns rundum entzückt. Unterm Strich ein unerwartet verlaufener Abend, bei dem am Ende dem alltäglichen Wahnsinn doch ein Schnippchen geschlagen wurde. Wiederholung sehr erbeten.