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Zweites Rock-am-Deister Festival

Zweites Rock-am-Deister Festival

Montag, 04. Juli 2011

Petrus erwies sich nicht gerade als ausgesprochener Rock-Fan, sondern eher als missgelaunter Spielverderber. Aber trotz ständigen Nieselregenattacken und ganz und gar unsommerlicher Temperaturen ließen sich die Fans der Rockmusik ihr Vergnügen nicht vermiesen.

Schließlich gingen an zwei Tagen ein Dutzend namhafte Bands auf der auf dem Völksener Festplatz direkt neben der Bahn installierten Bühne an den Start. Darunter Spitzenformationen wie die unlängst für den hannoverschen Prinz-Award nominierte „Planet Emily“ aus Aerzen, die seit 3 ½ Jahren überaus erfolgreiche Göttinger Rockgruppe „Midas Inc.“, das erst kürzlich neu gebildete „Maschgold“, der von der Erstauflage von „Rock am Deister“ bekannte „Bloodstain Hurricane“ aus Bad Münder oder die Lokalgewächse „Harter Fall“ aus Bennigsen und „Tugana“ aus Gestorf.

„Nach der Auswertung unseren Erfahrungen der Premiere im vergangenen Jahr sind wir zunehmend professioneller geworden, haben viel Unterstützung und Förderung, auch von der Stadt, erfahren“, erklärt der „Rock am Deister“- Cheforganisator, der 48-jährige Postbeamte Michael Jordan. Zusammen mit seinem siebenköpfigen Orga-Team hat er das Risiko einer zweiten Auflage nicht gescheut und mit dem Festplatz eine ideale Festival-Location gefunden. Manches habe zwar mit heißer Nadel gestrickt werden müssen, so seien  Ton und Licht erst in letzter Minute eingerichtet worden, doch schon von weitem ist unüberhörbar, dass der Sound stimmt.

Warm verpackt und regenschirmbewehrt erlebten rund 350 Rockfans am ersten Abend gleich fünf Bands in Folge. Stadt und Polizei genehmigten sogar eine halbstündige Verlängerung. Dem achtköpfigen Sicherheitsdienst und den Sanitätern im Rettungswagen blieben Einsätze erspart.

Während nebenan ein Güterzug gegen die Rockröhre von Planet Emily-Frontfrau Carolin nicht die leiseste Chance hat, erholen sich die sechs Akteure der Göttinger Band „Midas Inc.“ bei belegten Brötchen und heißem Kaffee im Backstage-Zelt. Ein Gymnasiallehrer aus Schleswig-Holstein, ein Jurist und zwei Historiker (Spezialgebiet Alte Geschichte), sind wie immer stilecht mit einem klapprigen Mietbus angereist. „Mit so was  haben wir immer unsere Probleme“, berichtet Bassist Markus Salvatore Winter, „mal gehen die Türen nicht zu, mal bleibt er stehen. Egal, wir haben halt Bock auf Rock.“ Ihre Musik sei „tanzbar, nicht zu aggressiv“, und die Themenbreite der Texte, die Olli Hennies verfasst, reicht von Trauer und Tod bis hin zur prallen Lebensfreude.

Die versprüht auch die sich steil auf dem Weg nach oben befindenden Aerzener Erfolgsgruppe „Planet Emily“. Sympathisch, gradlinig aber auch sehr gefühlvoll werden Songs präsentiert, die, so Manager Hans-Jürgen Schmieding, „alltägliche Probleme behandeln. Liebe, Leidenschaft, Schmerz, so wie es junge Leute eben heute erleben.“ Schmieding, ein Transportunternehmer, der 21 Jahre lang Schulelternarbeit auf allen Ebenen gemacht hat, managt die Gruppe um seine Tochter Carolin äußerst erfolgreich. Die singt mit umwerfender Power den Song „OK“, die Geschichte einer verkorksten Liebe und legt  mit „Dein Film“ noch jede Menge Selbstbewusstsein und positives Denken nach.

Das können die regennassen Fans auf dem Platz unten gut gebrauchen.

Am Samstagnachmittag dann grollt Petrus noch immer, Jordans Halbzeitbilanz fällt durchwachsen aus, und Stadtmanagerin Anike Fritz stellt zusammen mit Bürgermeister Roger Hische am Bierstand fest, dass „der Platz für diese Zwecke erstklassig“ sei und man trotz höherer Eintrittsgelder anderswo „teilweise sehr viel schlechtere Musik“ zu hören bekäme. Fritz: „Nur leider ein bisschen zu wenig Besucher.“

„Wie auch immer“, stellt Vera Babies vom Verein „Rock am Deister“ fest. „Wir lassen nicht nach, die dritte Auflage ist in Arbeit. Völksen wächst,  aber es passiert kaum was für junge Leute. Da wollen wir die Chancen dieses optimal gelegenen Festplatzes nutzen, auch im nächsten Jahr.“ Vielleicht hat sich bis dahin ja auch Petrus´ Laune gebessert.

Am Rande beobachtet

Überaus cool sei die Unterbringung, so „Midas Inc.“-Bassist Markus Salvatore Winter. „Gleis 3“ oder so heiße das „nette Hotel“ direkt an der Bahn. „Da gehst Du nach dem Auftritt an der Wiese hinterm Bahndamm lang, da an den Kühen und Pferden vorbei und bist gleich da. Den Schlüssel schmeiss´te hinterher in den Kasten. Toll, dass wir hier pennen können. In Völksen hier an der Bahn, das rockt total.“

Mama Maja und Papa Mark sind bekennende Rockfans. Je lauter desto besser. Doch die beiden Mittelröder sind auch verantwortungsbewusste Eltern. Während sie „Rock am Deister“ pur genießen, haben sie ihren Nachwuchs Till und Anton mit dicken blauen Ohrschützern ausgestattet. Die bewahren die kindlichen Trommelfelle vor zu großen Phonstärken und sehen auch irgendwie auch ein bisschen cool aus. Finden zumindest Mark und Maja.

„Ich will bloß mal hören, eigentlich bin ich kein permanenter Festivalbesucher“, outet sich der Völksener Axel Seng von „Die Linke“. „Tolle Sache, wenn die Springer hier mal so richtig losrocken können.“ Findet auch deren Bürgermeister Jörg-Roger Hische, schränkt aber ein: „Nicht, dass ich so was den ganzen Abend hören könnte, aber das sind ja doch wohl ganz nette Leute, die diese Musik machen.“

„21 Jahre lang habe ich in allen denkbaren Gremien Elternarbeit gemacht“, erklärt der Aerzener Hans-Jürgen Schmieding. Jetzt steht er in ein Regencape eingewickelt auf einem Hänger mit technischem Bühnengerät und macht „Elternarbeit“ ganz anderer Art. Schmieding managt die Erfolgsband „Planet Emily“. Mit großem Erfolg. „Ganz super, was der Jürgen da macht. Noch ein zündender Titel und die haben den ganz großen Durchbruch geschafft“, so Veranstalter Michael Jordan. „Mit 15 hat Caro mit der Band angefangen. Ganz klassisch in einem Bandraum.“ Der Transportunternehmer steht seiner Tochter an Power kaum nach. Vom Elternverbandsfunktionär zum Rock-Manager. Hans-Jürgen Schmieding steht das neue Leben gut zu Gesicht.

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