Zeilen Sprung – Das Redaktionsbüro

05042 - 504 008

info@zeilen-sprung.de

Wehrhahns Kalauer-Renaissance

Wehrhahns Kalauer-Renaissance

Sonntag, 11. September 2011

Wenn Brigitte Wehrhahn zur Premiere eines neuen Programms ins Deutsche Stuhlmuseum einlädt, dann bleibt kein Stuhl unbesetzt. Selbst lokale Politprominenz, Landrat und Bundestagsabgeordnete wagen sich dann ins ehemalige Fabrikgemäuer, wohl wissend, dass sie manche satirische Breitseite abbekommen werden.

Bild: Sieht die Welt durch ihre Brille – Brigitte Wehrhahn bei der Premiere ihren neuen Programms im Deutschen Stuhlmuseum Eimbeckhausen

 

„Wat wird düt?“ heißt Brigitte Wehrhahn neues, mittlerweile fünftes Programm. Wie immer nichts für allzu zartbesaitete Anhänger der „political correctness“. Ganz im Gegenteil. Mit ungebrochenem Temperament und gewohnter Scharfzüngigkeit teilt die Wehrhahn ihre Rundumhiebe aus.

Vor allem auf Politiker und Glitzerpromis, egal ob Kategorie A, B oder C. Von Guido „Schwesterwelle“ über die „Trockenpflaume des deutschen Films“, Fritz Wepper, bis hin zum „aufgepumpten Fremdgeher“ Arnold Schwarzenegger und „dem Fliesenlegen aus´m Knast“, Jörg Kachelmann, keiner kommt der agilen Eimbeckhäuserin ungeschoren davon.

Eine ihrer Stärken ist die direkte Ansprache vor allem von Männern, die sich leichtfertig in die ersten Reihen gewagt haben. „Du trinkst alkoholfreies Bier? Das ist ja als ob man eine Nacht mit Heidi Klum verabredet hat und es erscheint Hella von Sinnen.“

Das Publikum kreischt vor Vergnügen, reagiert mit Lachsalven auf Wehrhahns Pointen-Dauerfeuer. Klar, manchmal schlägt´s unter der Gürtellinie ein. Aber was soll´s? Wehrhahn-Fans wissen: „Unner de Gürtellinie is de Deubel los.“ Und „op platt“ kann man vieles sagen, was sonst zu deftig wäre.

Wehrhahn Programm Nr. 5 ist nicht bloß Neuauflage von Gewohntem. Nach ihren Anfängen als plattdeutsche Witze-Erzählerin, der darauf folgenden Entdeckung der politischen Dimension, ist das  neue Programm durch die Verbindung von satirisch aufgespießten Alltagsabsurditäten und traditionellen Kalauern gekennzeichnet. „Die sind ja auch irgendwann mal als Reaktion auf was entstanden“, erklärt die Kleinkünstlerin.

Und so fügt sie an ihre sorgfältig recherchierten, tagesaktuellen Aufreger ganz unvermittelt Heini und Erna-Kalauer an. Die offenbaren in dieser Konstellation plötzlich statt vermeintlicher Abgestandenheit ihre zeitlose Gültigkeit. Brigitte Wehrhahn gelingt in „Wat wird düt?“ nicht mehr und nicht weniger als eine Kalauer-Renaissance.

Ihre zugleich fast im Sekundentakt rausgehauenen Kurzwitze, die zumeist mit „Was macht …?“ oder „Kennt ihr den Unterschied …?“ beginnen, steigern das satirische Trommelfeuer bis zur Erschöpfung der Lachmuskeln.

Am Ende donnernder Applaus für ein absolut gelungenes, weil formal und inhaltlich alles andere als bloß neu aufgekochtes Kleinkunstmenü. Die stets lampenfieberkranke Brigitte Wehrhahn darf beruhigt ihren prallvollen Tourneekalender abarbeiten, weiß sie doch mit dem „strunzend blöden Boris Becker“, Lukas Poldolski, „für den Fußball wie Schach nur ohne Würfel“ ist und “use Loddar, der es einfach nicht schnallt“ pointenträchtige Partner an ihrer Seite.

Weitere Einträge