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Matthias Brodowy in Emmerthal

Matthias Brodowy in Emmerthal

Sonntag, 25. September 2011

Comedy? Kabarett? Für Matthias Brodowy, Jahrgang 1972, eine typisch deutsche Kategorisierung. „Schublade auf, rein, und zu? Nee danke!“ Der vom „Prix Pantheon“ bis zur „Lüdenscheider Lüsterklemme“ vielfach preisgekrönte, studierte Historiker und katholische Theologe sieht sich stattdessen als „Vertreter für gehobenen Blödsinn“.

In der Kantine des Emmerthaler Chemieunternehmens „Dr. Paul Lohmann“ präsentierte Brodowy auf Einladung von „Kultur in Emmerthal“ vor knapp 200 Gästen sein Programm „In Begleitung“.

Musikalisch wurde Brodowy dabei am E-Bass begleitet vom künstlerischen Leiter des Kulturbüros Ostwestfalen-Lippe, Carsten Hormes, für hinreichend Rhythmus sorgte Heinz-Rudolf-Kunze-Percussionist Wolfgang Stute.

Schon beim Einstiegssong „Ich möchte faul sein“, einer Hommage an den „blauen Montag“, war klar, dass die Chemie zwischen dem Turboplauderer im Nadelstreifen und rot-weißen Turnschuhen und dem Emmerthaler Publikum stimmte.

Als „Kind der 70er Jahre“ sei er die letzte Generation, die noch den „Sendeschluss“ im Fernsehen erlebt, noch „analog Fußball gespielt“ und in der Schule „Blockflötenunterricht“ gehabt habe.

Ob seine atemlos und mit gnadenloser Schlagfertigkeit heraus gewirbelten Verbalattacken zu Themen wie „Abwicklung der FDP“ („noch einmal griechisch Essen gehen und das war´s dann“) oder zur bundesdeutschen Kommerz-Dauerweihnacht, Brodowy erntete Lachsalve auf Lachsalve.

Dem präzisen Beobachter gelangen wie in „König der Schnorrer“, einer ins Irrwitzige gesteigerten Vater-Sohn-Wursttheken-Geschichte, Satire-Häppchen der allerhöchsten Qualitätsstufe. Intelligenter Wortwitz („Kinderwurst? Alles, nur das nicht“) wird köstlich garniert mit deutscher  Alltagsphilosophie: „Wenn man Dir gibt, nimm; wenn man Dir nimmt, schrei!“

Fast noch eindrucksvoller als mit seinen Verbalkanonaden aber ist Brodowy als Sänger und Klaviermusiker. Der erschafft wie in der verkehrten Welt in „Schönen Gruß vom Mann im Mond“ fantasievoll-melancholische, surreal anmutende Sentenzen („schwitzende Körper gehärtet in Riefenstahl“) und in „Weltuntergang“ beklemmende Bilder apokalyptischer Visionen um die  Zahl „7“.

Als Zugabe dann  ein umjubeltes  Opernkabinettstückchen aus „Mozarts verschollenem Don Sarotti“. Ein toller Abend, auch wenn am Ende die Frage, ob der Wort-, Tasten- und Gesangsmeister nun wirklich keine „fully-formed-fashion Unterhose“ trägt, offen blieb.

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