Zeilen Sprung – Das Redaktionsbüro

05042 - 504 008

info@zeilen-sprung.de

Gardi Hutters „Die Schneiderin“

Gardi Hutters „Die Schneiderin“

Freitag, 14. Oktober 2011

„Wer Clown werden will, muss seine eigene Figur kreieren, und das ist nicht ohne große Krisen möglich“, sagt Gardi Hutter. Die Schweizerin hat ihre Figur gefunden und ist seit 30 Jahren mit ihr unterwegs. Im knapp halb besetzten Theater präsentierte die weltweit wohl beste und berühmteste Clownkomödiantin ihr „alter ego“ mit dem Solostück „Die Schneiderin“.

Bild: Komisch und tragisch in bester Clownsmanier – Gardi Hutter ist „Die Schneiderin“ (Foto: Theater)

Rund 70 Minuten lang ließ sich das Publikum verzaubern und erlag sehr bald der magischen Faszination dieser dicklichen, aufgequollenen kleinen Frau mit der wilden Löwenmähne, die fortwährend pumucklhaft vor sich hinbrabbelte. Erstaunlich behände turnte die kleine Dicke dabei durch ihre Schneiderwerkstatt, wuchtete Stoffrollen, hantierte mit Riesenscheren und überlangen Nadeln, und entlockte gar einem überdimensionalen Nähkästchen ein amouröses Eigenleben.

Sie schneidet, flickt, lässt Garnrollen sich lieben, spielt mit kindlicher Freude Schicksal. Doch bald mischt sich Ernstes ins vermeintlich fröhliche Spiel. Eine verschluckte Nadel und eine gewaltige Schere im Kopf lassen Tragisches erahnen. Ein Spiegelbild lockt und droht, Traum und Tod wehen über die Bühne. Am Ende muss die tapfere kleine Schneiderin ihren Widerstand aufgeben.

„Eigentlich wollte ich so etwas wie ´Die letzte Reise´ machen“ erklärt Hutter. Sie brauche etwas an dem sie sich reiben könne, und irgendwann sei dann eben plötzlich die Schneiderin da gewesen. Die und ihre Utensilien böten sehr vielschichtige, fast mythologische Möglichkeiten, um „das auszudrücken, was ich möchte.“

Hutter liebt die Komplexität  ihrer Figur, spielt mit der  Reichhaltigkeit des sie umgebenden Materials. Slapstick, Pantomime, Artistik, Mimik, Lautgestaltung, selbst Bühnenbild und Choreografie gestaltet die Schweizerin weitgehend selbst.

„Ein Clown ist am besten, wenn das Tragische ganz nah ist“, erklärt Hutter und verweist auf die archaischen Wurzeln der Figur. „Nur lustig, das reicht nicht. Dann bleibt´s an der Oberfläche. Nur wenn man sogar über den Tod noch lachen kann, dann ist man wirklich reif.“

Weitere Einträge