„Unsere Lieblinge“ in Hameln
„Unsere Lieblinge“ in Hameln
Sonntag, 06. November 2011
Von wegen kaum Publikum für hochwertige Kleinkunst. Nach flauem Start drängten mehr und mehr Nachtschwärmer in Helmut Bernhardts leerstehenden ehemaligen Schuhladen, um beim sanften Hintergrundrauschen des Rattenfängerbrunnens mit dem Münchner Duo Stefan Noelle und Alex Haas ein nächtliches Kleinkunstspektakel der Extraklasse zu erleben.
Bild: Alex Haas (l.) und Stefan Nölle
Haas und Noelle – „Unsere Lieblinge“ – schickten die Zuschauer auf eine nächtliche Reise durch die Musikgeschichte, von Filmschlagern wie „Heute Nacht oder nie…“ über ein satanisch gutes „Hotel California“ hin zu einem transsylvanisch-zombiehaften „Strangers in the Night“.
Kontrabass, Trommel, Becken und Stimmen reichen beiden, um wahren Pop-Horror zu inszenieren. Eine schaurig-schöne kleine Nachtmusik. Sensationell Alex Haas´ Bass-Soli und Stefan Noelle bezog von Stühlen über Wände bis zu Absperrgittern alles Betrommelbare in seine Drum-Performace ein. Das bittersüß-skurrile Nocturne von „Unsere Lieblinge“, die zum dritten Mal in Hameln gastierten, goss aber selbst beim nur vermeintlich lustigen „Veronika der Herbst ist da“ reichlich bittere Tropfen in den abendlichen Cocktail. „Unsere Bearbeitungen sind nicht primär lustig, sondern es geht um ernste Dinge“, so Stefan Noelle, und warf mit einer in jaulenden Polizeisirenen endenden Gänsehautfassung von John Fogertys „Bad Moon Rising“ eine düstere nächtliche Horrorvision in die Hamelner Nacht.
Zuschauer und Veranstalter, Landschaftsverband und Sumpfblume, durften mit dieser Art eines gelungenen Leerstand-Managements mehr als zufrieden sein. Fortsetzung unbedingt erwünscht.