Sternenpracht, Gloria und Wunschzettel
Sternenpracht, Gloria und Wunschzettel
Sonntag, 27. November 2011
So ein bisschen erinnert das Titelmotiv des „Münchner Weihnachtsbilderbuches“ von 1920 an Ludwig Thomas 1911 entstandenen „Münchner im Himmel“. Zusammen mit Büchlein wie „Die Fahrt zum Christkind“ (1895) oder „Christkinds Erdenfahrt“ (1928) haben die Buchexponate der Ausstellung „Sternenpracht und Gloria“ nur ein einziges Thema – das Weihnachtsfest.
Bild: Wie in Kindertagen – Weihnachtsbilderbücher wecken Erinnerungen
Rund 40 Weihnachtsbilderbücher haben Hans und Lydia Witte aus ihrer seit Jahrzehnten zusammengetragenen Sammlung ausgewählt, um sie in ihrer „Edition Einstein – Galerie für Buchdruckkunst“ in Emmerthal-Deitlevsen zu zeigen.
„Nicht alles ist dabei Kunst, auch Kitsch ist darunter, aber alles ist gedruckt“, erklärte Hans Witte anlässlich der Vernissage. Die teilweise handkolorierten Weihnachtsbilderbücher decken einen Zeitraum von etwa 1850 bis in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ab.
Bei den Betrachtern weckten die eindrucksvollen Zeitdokumente intensive Erinnerungen an Weihnachtsbräuche und –erlebnisse längst vergangener Kindertage. Schnell kam man ins Gespräch. „Wissen Sie noch? Etwas Zucker auf den Wunschzettelschuh im Fenster, damit das Christkind angelockt wird.“
Auch die 20 alten Weihnachtskrippen aus Papier, Pappe, Holz oder Faltkarton stammen aus der Zeit von 1860 bis 1970. Hans Witte hat sie effektvoll beleuchtet arrangiert. „Wir wollten keine wissenschaftliche, sondern eine emotionale Präsentation“, stellen die Wittes klar.
Drucktechnik, Papierqualität und Gestaltungsform erweisen sich dabei als Wegweiser in vergangene Zeiten. Besonders eine kleine, kaum postkartengroße Faltkrippe sticht hervor. „In Russland 1942“ steht handschriftlich auf der Rückseite. „Die mag wohl einem Soldaten des Russlandfeldzuges weihnachtlichen Trost gegeben haben“, vermutet Hans Witte.
Auch die ausgestellten, rund 70 Jahre alten Original-Wunschzettel öffnen Zeitfenster. „Eine Taschenlampenpaterie, einen Stabilbaukasten und Löschblätter“ wünscht sich da in krakeliger Schrift ein Bernd 1946. Ob seine Wünsche wohl erfüllt wurden?
„Heute entwickeln sich Krippen immer mehr in Richtung Spielzeug und der Symbolcharakter geht mehr und mehr verloren“, bedauert Witte.
Zur Ausstellungseröffnung fehlte daher bewusst die übliche Weihnachtsbeschallung, stattdessen waren, vorgetragen von der jungen Sopranistin Friederike Gebhard, am Klavier begleitet von Sören Sönksen, weihnachtliche Lieder von Peter Cornelius und Béla Bartók gewählt worden.
In der noch bis zum 21.12. geöffneten Ausstellung können Besucher täglich von 15 bis 18 Uhr in weihnachtlicher Nostalgie schwelgen und obendrein erfahren, warum Christkind und Weihnachtsmann nie zusammen in Aktion treten, und wer für das Outfit des erst seit 1930 ganz in Rot und Weiß daherkommenden Weihnachtsmannes verantwortlich ist.