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Von der Liebe und anderen Grausamkeiten

Von der Liebe und anderen Grausamkeiten

Freitag, 16. März 2012

Einen Nachklang zum „Internationalen Weltfrauentag“ am 8. März präsentierte der Kulturkreis Springe mit einer Lesung im Amtsgericht.

Die Bielefelder Schauspielerin Therese Berger las, musikalisch begleitet von der Sarstedter Flötenlehrerin Vicky Kovacs, Texte von Gabriele Wohmann, der DDR-Autorin Maxie Wander und des Religionspädagogen Johann Friedrich Konrad.

Die 1932 geborene, in Darmstadt lebende Gabriele Wohmann gilt, so Kulturkreis-Vorstandsmitglied Karin Müller-Rothe, nicht nur „als eine der profiliertesten deutschsprachigen Autorinnen im Bereich der Kurzgeschichte“, sondern darf sogar „als deren Erfinderin“ angesehen werden.

Mit „Ein unwiderstehlicher Mann“, der Titelgeschichte ihrer ersten, 1966 veröffentlichten und preisgekrönten Kurzgeschichte stellte Therese Berger vor, wie – aus der Perspektive einer verliebten Frau erzählt – ein Mann im Spannungsfeld zwischen drei Frauen ein unerwartet dramatisches Schicksal erleidet. Der aus Graz stammenden Therese Berger gelang es dabei eindrucksvoll, Wohmanns souveränen und eleganten, durch eine spürbaren Lust am Fabulieren und Formulieren gekennzeichneten, trotz aller unerwarteten Dramatik mit viel unterschwelligem Witz dahin fließenden Erzählfluss in ein exzellentes Hör- und Vorlese-Erlebnis umzusetzen.

Eine ganz andere Tonlage fand Berger dagegen bei Maxie Wanders „Spießrutenlauf“, einer aus Tonbandprotokollen  erarbeiteten Geschichte einer Ärztin im Konflikt zwischen alltäglichem Berufs- und Beziehungsstress. Die 1933 geborene, 1957 in die DDR umgesiedelte Autorin, die schon im Alter von 44 Jahren an Krebs starb, gelingt mit ihrer zu Portraits verdichteten „Protokollliteratur“ ein beinahe voyeuristischer, jedoch durchaus kritikträchtiger Blick auf die äußeren und inneren Konflikte ihrer Gesprächspartnerin. Bei allem Beziehungstumult erweist sich deren Beruf als unverzichtbare Sinnstiftung ihres Lebens. („Verzichten und nicht wissen worauf, das muss schlimm sein“).

Spielerisch, humorvoll und voll farbiger Ausdruckskraft kommt das von Johann Friedrich Konrad „entwirrte und neu erzählte“ Märchen „Tränen der Liebe“ nach Motiven der Brüder Grimm daher. Weder persiflierend noch unangemessen modernisiert, gelingt es Konrad, die märchentypische, klare Begriffswelt von Gut und Böse, in diesem Fall widergespiegelt im Konflikt von Treue und Leidenschaft, in einem interessanten „Kaleidoskopspiel“, in dem sich bekannte Versatzstücke neu zurechtlegen, zusammen zu setzen.

Ob tief empfundene Liebe oder die damit scheinbar unvermeidbar verbundenen Grausamkeiten, über allem schwebte an diesem Abend vor den Schranken des Springer Amtsgerichts dennoch ein Hauch weibliche Eleganz und Leichtigkeit, der Therese Berger auf rundum professionelle Weise Ausdruck verlieh. Ein Abend, der auch den nur spärlich erschienenen Männern durchaus einen großen literarischen Genuss bereitete.

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