Kinder-Casting für „Die Päpstin“
Kinder-Casting für „Die Päpstin“
Sonntag, 22. April 2012
Kreischende Teenies, Songs trällernde Möchtegern-Stars oder die neuesten „moves“ übende Boygroups, alles das war Fehlanzeige beim zweitägigen Kinder-Casting für die im August und September stattfindende Musicalproduktion „Die Päpstin“. Stattdessen herrschte im schmucklosen „Warteraum“ neben dem „Spiegelsaal“ in der der Rattenfängerhalle eher nüchterne Stille.
Bild: „Na, wie war ich?“ will der selbstbewußte Lasse von den Juroren Nadine Paatz und Christoph Jilo wissen. Doch auf die Entscheidung muss der Waldorfschüler noch ein paar Wochen warten.
„Wir haben die insgesamt 71 angemeldeten Kinder und Jugendlichen einzeln eingeladen und führen das Casting an zwei Tagen durch“, erklärt Anna Delbrück. Die 21-Jährige, die bei der veranstaltenden Spotlight-Musicalproduktion aus Fulda ein freiwilliges soziales Jahr ableistet, führt die Listen und gegrüßt die nach und nach eintrudelnden, meist von Vater oder Mutter begleiteten Bewerber.
Die Resonanz sei „sehr gut“, findet auch Nadine Paatz, die zusammen mit dem Gießener Ko-Autor der „Päpstin“ und gelernten Dramaturgen Christoph Jilo die Kandidaten unter die Lupe nimmt. 29 Jungen und 42 Mädchen im Alter von acht bis 14 träumen davon, im Herbst bei der „Päpstin“ dabei zu sein.
Christoph Jilo: „Wir haben mit dem Johannes und der Johanna zwei sehr textintensive und schwere Rollen zu besetzen. Außerdem suchen wir etwa acht ´Klosterschüler´.“
Mit Gummibärchen für die Kleinen und reichlich Kaffee für die Großen sucht HMT-Mitarbeiterin Susanne Prentzel die flatternden Nerven der Wartenden zu beruhigen.
Die kleine, neunjährige Merle aus der 4 c der Grundschule Fischbeck scheint wesentlich ruhiger als ihre Mutter zu sein, geht noch einmal ihren Text durch – und dann ist sie auch schon dran. Ganz alleine muss Merle nun hinüber in den „Spiegelsaal“, Eltern und sogar die Presse müssen draußen bleiben.
„Den Mut hätte ich in diesem Alter nicht gehabt“, gesteht die aufgeregte Mutter. Doch heute würden die Kinder schon in der Schule aufs freie Sprechen und die Mediengesellschaft sehr gut vorbereitet. „Stimmt“, pflichtet ein Vater bei, „da gibt´s Theater-AGs, und das vor Leuten sprechen, alles das lernen die schon in der Schule.“
„Die Bewerber kommen aus der gesamten Region, von Hameln bis Springe, von Bad Pyrmont bis Minden“, sagt Anna Delbrück beim Blick auf ihre Listen, und ruft halblaut „Klaas, Du bist dran, willste?“ Der Aufgerufene zuckt zusammen und beginnt seinen offensichtlich schweren Gang.
„Und?“ will derweil Pascals Oma wissen, die ihren Enkel zum Casting begleitet hat, „wie war´s?“ Die einsilbige Antwort des Grundschülers ist ein langgezogenes „guuuuut“ und lässt viele Deutungen zu.
„Wir suchen hier keine Jungstars“, erklärt Christoph Jilo in einer kleinen Pause. „Die Kinder sollen keine perfekte Show abliefern, ganz im Gegenteil. Sie müssen vor allem wach sein und auf unsere Vorgaben schnell reagieren können. Es geht auch nicht ums Durchfallen, denn wer hier nicht genommen wird, der braucht nicht untalentiert zu sein. Der Typ muss einfach stimmen und der Funke wie bei der Begegnung mit einem anderen Menschen überspringen. So etwas ist und bleibt eben ein wahnsinnig subjektiver Moment.“
Bild: Selbstbewußt. Merle aus Fischbeck hat schon Theatererfahrung aus einer Schul-AG.
Das weiß auch der 45-jährige Dietmar Ziegler. Der studierte Opernsänger aus Hamburg steht seit 20 Jahren auf der Bühne und ist beim Kinder-Casting der Anspielpartner der Bewerber. „Die sind alle aufgeregt, auch wenn Sie sich cool geben“, so der Schauspieler.
Lasse aus Minden, ein Waldorfschüler mit Theatererfahrung, weiß die beiden Juroren zu beeindrucken. Dennoch machen die sich die Entscheidung nicht leicht. „Sehr gut, hat Erfahrung, aber vielleicht doch zu alt?“ tauschen sich Nadine Paatz und Christoph Jilo aus.
Auf eine Entscheidung müssen die Kandidaten jedoch noch warten. Erst in vier bis sechs Wochen wird feststehen, ob ihre Musicalträume wahr werden.