Doppelt gut – Birte Gäbel und „Atmospheres“ in Bad Münder
Doppelt gut – Birte Gäbel und „Atmospheres“ in Bad Münder
Sonntag, 22. April 2012
„So etwas erlebt man in Bad Münder wahrlich nicht alle Tage“, begeisterte sich Matthias Ballmaier. Eigentlich waren seine Tochter und er gekommen, um im zweiten Teil des Abends die Hamelner Allstar-Band „Atmospheres“ zu erleben, doch bereits die Leistungen der Singer-Songwriterin Birte Gäbel ließen keinen Zweifel daran, dass bei diesem Doppelkonzert“ ganz hohes Niveau angesagt war.
Bild: Simon Becker-Foss leitet die Formation „Atmospheres“
Bei leider viel zu spärlichem Besuch löste die Sängerin im Martin-Schmidt Konzertsaal zusammen mit ihrer Band das im vergangenen Jahr an gleicher Stelle gegebene Versprechen eines Wiederholungskonzertes ein. Seinerzeit hatte eine schwere Grippe Gäbels Auftritt schwer beeinträchtigt. Diesmal aber zeigte sich die Tochter des Bakeder Grundschulrektors Hartmut Gäbel von ihrer allerbesten Seite.
Unter dem Motto „Birte und der alltägliche Wahnsinn“ präsentierte die junge Musikerin eindrucksvolle Titel ihrer neuen CD „Urlaub von der Welt“. Dabei sind es vor allem sind die kleinen Dinge am Rande, die der am liebsten aus der Distanz scharf beobachtenden Musikerin ins Auge fallen, und die sie in äußerst anspruchsvolle Texte mit Tiefgang umsetzt.
Mal gefühlvoll-melancholisch, doch ohne weinerliche Schlagersentimentalität, mal rotzfrech, kritisch, respektlos und fetzig, immer aber treffsicher und mit viel Charme und Ausstrahlung, bringt Birte Gäbel ihre Lieder handwerklich sauber, ausdrucksstark und gekonnt über die Rampe.
Und so findet ihr Loblied auf den „Norden“ ebenso reich beklatschten Anklang wie die traurige Feststellung „Lass uns einfach so tun“ oder ihre satirisch-komische Abrechnung mit dem durchgedrehten Amtsschimmel in „Bürokratie“.
Das Pop-Geschäft sei oft sehr oberflächlich, und ab und an werde tiefschürfenden, guten Sängern diese Oberflächlichkeit sogar leider nahe gelegt, so Gäbels Show-Biz-Erfahrungen.
Bild: Guter Background – starke Frontfrau. von li.: Lena Jeschke, Jennifer Zaborski und Birte Gäbel
Das Publikum im Martin-Schmidt-Konzertsaal aber fühlte sich angenehm berührt. Nicht nur die Texte, auch Gäbels musikalische Arrangements, von den beiden exzellenten Backgroundsängerinnen Lena Jeschke und Jennifer Zaborski effektvoll unterstützt und von „special guest“ Stefan Licht (Gitarren), Claudio Becker-Foss am Bass und dem Schlagzeuger Björn Dumke begleitet, überzeugten rundum.
Im zweiten Teil dann mit „Atmospheres“ ein late-night-Jazz-Highlight für Kenner. „Etwas ´free jazz´ aus der Dresdner Szene, aber auch Klangstrukturen aus dem hohen Norden“, erläuterte der Leiter der Formation, Simon Becker-Foss, der am Saxophon brillierte. Was Becker-Foss und seine Musiker – Dirk Heffner (Gitarre), René Bornstein am Bass und Arne Müller (Drums) – an Jazz-Klangkaskaden in den Kammermusiksaal zauberten, war ein sonst in der Tat an diesem Ort selten oder nie zu hörendes Jazzerlebnis, das den schwachen Besuch beileibe nicht verdient hatte.
„Auch 2013 wollen wir wieder in Bad Münder konzertieren, über den Auftrittsort aber müssen wir uns Gedanken machen“, so Hartmut Gäbels Fazit dieses Doppelkonzertes, das das Prädikat „doppelt gut“ fraglos voll verdient hat.