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Harter Job – Dietlof Reiche liest in der Realschule

Harter Job – Dietlof Reiche liest in der Realschule

Dienstag, 22. Mai 2012

Seine Bücher sind Dauerbrenner. Nicht nur sein 1977 erschienener, gleich mit dem Deutschen Jugendbuch-Literaturpreis bedachter  Erstling „Der Bleisiegelfälscher“, auch das Buch, das Dietlof Reiche für die Lesung vor den Springer Realschülern ausgewählt hat, erfährt seit zehn Jahren immer neue Auflagen.

Bild: Keine leichte Aufgabe – Dietlof Reiche liest vor den Springer Realschülern

Mit Unterstützung des Friedrich-Bödeker-Kreises aus Hannover las der Hamburger Autor aus seinem Roman „Das Geisterschiff“, nahm die Schülerinnen und Schüler der 8B mit an Bord eines Segelschiffes aus dem Jahr 1773.

Zwar wehte an diesem sonnigen Morgen schon nach wenigen Passagen ein Hauch von Schatzinsel durch die Bibliothek der Realschule, doch den offensichtlich reizüberfluteten Seltenlesern fiel es sichtlich schwer sich auf die Zeitreise einzulassen. Statt die aufregende Geschichte samt Segelschiff zumindest geistig zu entern, schwankte die Haltung zwischen interessiertem Zuhören, höflich zurückhaltender Passivität und simpler Schläfrigkeit.

Dabei ist Reiche ein exzellenter Vorleser und vielleicht ein noch besserer Erzähler und Erklärer.

Nachdem das Kampfgetümmel an Bord verklungen , die Rückkehr in die Jetztzeit mit durchaus heiteren, ironischen Untertönen gelungen war, baute sich auch bei den Heinrich-Göbel-Realschülern langsam Neugier auf. Was hat es mit dem Glasauge der Galionsfigur „Windsbraut“ auf sich? Was verbirgt sich in deren Kopf? Doch der Sturm der Fragen blieb aus, im „Gespräch mit dem Autor“ musste Dietlof Reiche selber rudern. Vorbild sei Wilhelm Hauffs „Gespensterschiff“ gewesen, erfahren die Achtklässler. „Wilhelm wer?“ Und Spannung erzeuge ein Schriftsteller keinesfalls wie vermutet mit Überraschungen, sondern mit der gut geplanten Herstellung von Erwartungen. Einfach drauflos schreiben? Von wegen. Reiche präsentierte einen ausklappbaren Plan, keine Schatzkarte, sondern der Ablauf des Romans „Das Geisterschiff“.

Dann endlich doch noch einige Fragen: was für ein Auto er denn fahre, was er verdiene, wie alt er sei. Höflich verweist Reiche auf sein Geburtsjahr. Sein „Na jetzt rechne mal“ erntet bloß ein Stöhnen. Und, nein, er habe kein Auto, mache notfalls „car-sharing“, doch auch der Hinweis auf das Vorsteuereinkommen in guten Jahren reißt die Kids nicht vom Hocker. Pausengong. Die träge Mannschaft eilt von Deck.

Die Moral der Geschichte: Der Job eines Autors auf Lesereise kann manchmal verdammt viel härter sein als der eines „Geisterschiff“-Kapitäns.

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