Zeilen Sprung – Das Redaktionsbüro

05042 - 504 008

info@zeilen-sprung.de

Wenn die Gondeln Frohsinn tragen

Wenn die Gondeln Frohsinn tragen

Donnerstag, 24. Mai 2012

Welche Zutaten braucht eine Regisseurin, um die Lagunen- und Gondelstadt Venedig auf die Bühne des Martin-Schmidt-Konzertsaals zu zaubern? Bettina Delius und dem „Opern- und Operettencafé  Weserbergland“, kurz „Operamobile“ genannt, genügen eine Handvoll: einige Karnevalsmasken, ein paar dickbäuchige Mandolinen, ein mit der italienischen Nationalflagge drapierter Tisch mit allerlei Kochutensilien wie Makkaroni und vor allem reichlich Vino. Dazu Gondel samt Gondoliere? Nichts leichter als das. Zwei Teppichklopfer als Ruder in der Hand, entfalten die Sängerinnen Bettina Delius und Susanne Wiencierz ein Glitzertuch an der Rampe, ein paar Ruderschläge und die Illusion ist perfekt.

Statt einer durchgehenden Handlung wie sonst gab es diesmal „musikalisch-szenische Impressionen“. Und reichlich italienische Küche. Die servierte Ensemble-Chef Alexander Senger als „musikalischer Oberkellner“. „Viel bessere Musik als in der ´Fledermaus´“, stellte er fest, aber eben doch „eine verdammt komplizierte Handlung.“ Die aber wusste er in wenigen Sätzen zu entwirren: eine operettentypische Verwirr- und Verwechslungskomödie, in der der adlige Macho durch pfiffige Frauen reingelegt wird.

Allein die Namen schon Leckerbissen: „Caramello“, der „erotische Proviantmeister“. Der ist wirklich ein „süßer Junge“, so Senger, stimmgewaltig, mit rotem Halstuch, blauen Augen und schwellender Heldenbrust dargestellt von Christoph Rosenbaum. Oder der Tausendsassa „Papacoda“, was soviel wie „Vielfraß“ heißt, als „bester Makkaroni-Koch der Welt“ mit weißer Chefkochmütze und überdimensioniertem Kochlöffel. Charme sprühend wie eh und je Tadeusz Galczuk als Herzog von Urbino, dessen amouröse Absichten durch die listige Frauenintrige durchkreuzt werden.

Die sind wie immer allerliebst: Susanne Wiencierz als „Ciboletta“ (Senger: „Das heißt kleine Zwiebel, und die ist genau so scharf“) und Bettina Delius als Annina. Klar, dass bei derlei prächtigen Operettennamen auch der Maestro selber es unter einem „Impresario Alesandro Bartucci“ nicht tun konnte.

Statt Trauer trugen die Gondeln diesmal Frohsinn in den Saal. „1000 kleine Engel singen, habt Euch lieb“ und „Machen wir´s den Schwalben nach“ waren Ohrwürmer, die vom Publikum textfest und mit Inbrunst mitgesungen wurden.

Einer freilich fehlte. Publikumsliebling Achim Niezdiella feierte als Gast in der ersten Reihe seinen 77. Geburtstag und wurde mit einem Ständchen überrascht.

„77 Jahre, seit elf Jahren in Rente, aber das hier, das mache ich weiter“, verkündete das Operamobile-Urgestein. Schon am 11. Juni um 15 Uhr, wenn es an gleicher Stelle heißt: „Schön ist die Welt“.

Weitere Einträge